ANALYSE. Die SPÖ trägt reale Pensionskürzungen mit. Es ist nicht das erste Mal. Neu ist, dass es auf mehrere Jahre hinaus keine Aussicht auf einen Inflationsausgleich für (fast) alle gibt. Ob die Partei das überlebt?
Ziel müsse es sein, Pensionskürzungen doch noch zu verhindern: „Jene politischen Kräfte innerhalb der Partei, die Andreas Babler zum Parteichef gemacht haben, sind jetzt gefordert und in Verantwortung, den Parteivorsitzenden zur Räson zu bringen“, sagt Roland Fürst, rechte Hand des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Peter Doskozil.
Es ist mehr als eine absehbare Botschaft. Es geht nicht nur darum, dass Bablers größter Widersacher eine weitere Gelegenheit nützt, ihm eins auswischen zu lassen. Es geht um viel mehr: Da stellt die SPÖ mit Korinna Schumann die Sozialministerin und dann gibt es eine durchschnittliche Pensionserhöhung unter der maßgebenden Inflationsrate. 2,25 statt 2,7 Prozent.
Nicht wenige mögen sagen, die Erhöhung sei sozial gerecht, weil ebenso gestaffelt: Bis 2500 Euro brutto im Monat gibt es wirklich die 2,7 Prozent. Darüber gibt’s jedoch weniger und das trifft auch langjährige Facharbeiter, die 45 Jahre gebuckelt haben.
Sie, eine traditionelle Zielgruppe der SPÖ, würden nun „bestraft“ werden, sagt der Chef des Vorarlberger Pensionistenverbandes, Manfred Lackner, in den VN. Nachsatz: „Wenn die Sozialdemokratie so weitermacht, darf sie sich nicht wundern, wenn sie bald zu einer Kleinpartei mutiert.“
„Wir garantieren sichere Pensionen“, heißt es im Parteiprogramm der SPÖ: „Verlässlichkeit, Solidarität und Leistungsgerechtigkeit stehen im Vordergrund sozialdemokratischer Pensionspolitik.“ Problem: Eine reale Kürzung ist ein Widerspruch dazu. Sie steht dafür, dass Pensionen eben nicht sicher sind; dass außerdem weder Verlässlichkeit noch Leistungsgerechtigkeit vorliegt. Einzig das Versprechen, Altersarmut zu bekämpfen, die im Programm ebenfalls enthalten ist, wird durch die Staffelung nicht gebrochen.
Mehrfach haben SPÖ-Vorsitzende in der Vergangenheit sogenannte Pensionistenbriefe geschrieben. Zuletzt Babler (2024), aber auch Alfred Gusenbauer (2007) und Franz Vranitzky (1995). Dabei ging es immer darum, sich gegen Konservative zu stellen, die Pensionskürzungen planen würden. Zwischendurch hat die Partei – unter Werner Faymann 2013 und 2014 – in der Regierung auch Kürzungen mitgetragen; und zwar sogar für alle.
Dazu gibt es jedoch einen erheblichen Unterschied: Anfang der 2010er Jahre hat man noch davon ausgehen können, dass sich das Budget in überschaubarer Zeit sanieren lässt und die Wirtschaft in absehbarer Zeit wieder in Schwung kommt; also um gut und gerne zwei Prozent wächst und sich so wieder ein Wohlstandsgewinn für alle ergeben kann.
Heute ist das anders: Wenn die Wirtschaft in den kommenden Jahren um ein Prozent wächst, ist das schon erfreulich. Vor allem aber dürfte die Budgetsanierung bis in die 2030er Jahre hinein eine Riesenherausforderung bleiben, sodass weitere reale Pensionskürzungen drohen.
Das ist keine Perspektive für die SPÖ. Andreas Babler ist Fragen zur Pensionsanpassung bisher ausgewichen. Im ORF-Sommergespräch hat er keine Pflöcke dazu eingeschlagen. Als wär’s nicht sein Thema.
Das ist es jedoch. Hier geht es um einen Punkt, der für die Sozialdemokratie zentral ist: Die Sicherung der Pensionen. Und zwar eben auch für Facharbeiter, die über der Mindestpension liegen. Ihnen kann man vielleicht ein, zwei Mal damit kommen, dass alle einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten müssten. Aber nicht über mehrere Jahre hinweg. Aufzuzeigen, wie sich das verhindern lässt, wird daher nicht nur entscheidend für Babler, sondern die SPÖ insgesamt.