Mindestsicherung: Kürzung für Österreicher

ANALYSE. Nicht nur Zuwanderer werden von den Reformplänen betroffen sein. Ganz im Gegenteil. 

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ANALYSE. Nicht nur Zuwanderer werden von den Reformplänen betroffen sein. Ganz im Gegenteil.

In diesem Text geht es ausschließlich darum, der Mär entgegenzutreten, dass es bei der geplanten Kürzung der Mindestsicherung nur darum gehe, „Zuwanderung ins Sozialsystem“ zu stoppen. Dass österreichische Staatsbürger also gar nichts zu befürchten hätten. Das ist falsch. Und spätestens mit der Reform des Arbeitslosengeldes, die Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) für diesen Herbst angekündigt hat, wird es daher für den einen oder anderen zu einem bösen Erwachen kommen. Doch eines nach dem anderen.

Der Ministerratsvortrag zu den Reformplänen vom 28. Mai, der von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Hartinger-Klein namentlich gezeichnet worden ist, ist ziemlich klar: Wer keinen Pflichtschulabschluss oder keine Deutschkenntnisse auf B1-Niveau vorweisen kann, bekommt 300 Euro weniger pro Monat.

Das trifft auch Österreicher: Tausende haben keinen Pflichtschulabschluss. Das lässt sich schon allein daraus abschätzen, dass laut Statistik Austria allein im Schuljahr 2013/2014 546 Jugendliche mit deutscher Umgangssprache den Abschluss der Sekundarstufe 1 nicht erreicht und dann auch keine weitere Ausbildung mehr absolviert haben.

Wer keinen Pflichtschulabschluss hat, könnte Deutschkenntnisse auf B1-Niveau vorweisen. Das Problem: Dazu sollte man sinnerfassend lesen können. Was zumindest jeder Fünfte 15-Jährige nicht kann, wie entsprechende Studien (Pisa, …) in aller Regelmäßigkeit zeigen.

Das Problem wird sich nach Reform des Arbeitslosengeldes verschärfen.

Das Problem wird sich nach Reform des Arbeitslosengeldes verschärfen: Laut Regierungsprogramm ist ja vorgesehen, die Notstandshilfe abzuschaffen. Wer länger ohne Job ist, wird folglich in die Mindestsicherung fallen.

Das kann man begrüßten oder nicht, ist aber so. Und vor allem bedeutet das ebendies: Menschen mit niedrigem Bildungsstand sind viel häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Wie eine Spezialauswertung des AMS vom Juni zeigt, beträgt die Arbeitslosenquote bei Pflichtschulabsolventen ganze 20,6 Prozent. Sie liegt damit um das Dreifache über dem Gesamtwert (6,8 Prozent). Daten für Frauen und Männer ohne erfolgreichen Pflichtschulabschluss liegen nicht vor; es ist jedoch anzunehmen, dass diese Werte noch wesentlich höher als 20,6 Prozent sind. Alles in allem wird diese Gruppe unabhängig von der Staatsbürgerschaft folglich diejenige sein, die mit am stärksten von Kürzungen betroffen sein wird.

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