Wem nützt es?

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ANALYSE. Wurde durch die Absage der Taylor-Swift-Konzerte wirklich ein Blutbad verhindert? ÖVP und FPÖ halten sich nicht lange mit solchen Fragestellungen auf. Sie wissen: Im Hinblick auf die Wahl ist eher etwas anderes entscheidend.

Fakt ist: Unter immer jüngeren Menschen in Österreich findet eine Radikalisierung statt. Islamistischer Terror stellt auch hierzulande eine Bedrohung dar.

Gerade hat er einen „Teilerfolg“ erzielt, wie der Sicherheitsexperte Paul Schliefsteiner vom „Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Securitiy Studies“ (ACIPSS) in der „Kleinen Zeitung“ erklärt: Er hat es geschafft, dass mit den Taylor-Swift-Konzerten in Wien gleich drei Mage-Events abgesagt worden sind. Dass er ernstgenommen wird und verunsichert. Dass die freie Gesellschaft nicht mehr so frei sein kann, wie sie es gewohnt ist. Genauer: Dass man sich nicht einmal mehr darauf verlassen kann, dass geplante Veranstaltungen stattfinden können. Und: Dass Österreich weltweit nicht mehr als Insel der Seligen dasteht: Während alle anderen Swift-Konzerte bisher möglich waren, sah man sich bisher allein hier zu einer Absage gezwungen. Aus Sicherheitsgründen.

Ob die Absage wirklich notwendig war, wird sich wohl nie eindeutig beantworten lassen. Es gibt jedoch Zweifel. Auffallend ist, dass es in ersten Berichten hieß, dass US-Ermittler von den Anschlagsplänen nicht überzeugt gewesen seien. Österreich gewarnt haben sie trotzdem. Schliefsteiner sieht offene Fragen: Sollte einem Freund des Hauptverdächtigen, der als Mitarbeiter an den Konzertvorbereitungen im Happel-Stadion beteiligt war, keine unmittelbare Tathandlung nachgewiesen werden können, „muss die Konzertabsage in einem ganz anderen Licht gesehen werden“, meint er.

Der Historiker Siegfried Beer, der auf Geheimdienste spezialisiert ist, erklärte gegenüber der APA, dass er die Details nicht kenne. Die Absage der Konzerte erscheine ihm jedoch „übertrieben“. Begründung: Er sei „sehr, sehr skeptisch“, ob die Verdächtigen überhaupt in der Lage gewesen wären, wirklich einen Terroranschlag auszuführen, denn dafür seien akribische Planung und eine Vielzahl an Fähigkeiten notwendig, und den beiden jungen Männern „traue ich das überhaupt nicht zu“.

Man muss vorsichtig sein. Aber auch skeptisch: Österreich befindet sich in einem Nationalratswahlkampf und diese Geschichte hat gemeinsam mit „Bandenkriegen“ in Wien sowie 4600 Euro Sozialhilfe für eine syrische Familie mit sieben Kindern ebendort enormes Potenzial für all jene, die immer schon erklärten, dass mit muslimischen Zuwanderern ausschließlich Gefahren importiert werden würden, ja dass sie im Übrigen nur wegen der Sozialleistungen daherkommen würden („Zuwanderung ins Sozialsystem“). Gemeint sind Freiheitliche und Türkise.

Sie halten sich daher nicht lange auf mit den erwähnten Fragestellungen. Obwohl sie auch darüber hinaus sehr viele Gründe dafür hätten: Unter anderem von den USA gewarnt worden ist das Heeresnachrichtenamt. Nicht die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die von der Zuständigkeit her die richtige Adresse wäre. Aber: DSN hat das Problem, Nachfolgerin des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu sein, das unter Kickl als Innenminister international als „nicht vertrauenswürdig“ eingestuft werden musste. Das hängt nach. Stichwort BVT-Affäre, die Kickl zu verantworten hat.

Zu klären ist auch die Frage, wo es bei den Konzerten nun allfällige Sicherheitslücken gab. Laut „Standard“ wurden und werden Männer und Frauen, die als Mitarbeiter davor und während solcher Veranstaltungen tätig sind, keiner Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Das ist ein Einfallstor für Gefährder. Eine Gesetzeslücke. Doch was tut ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker? Er bezeichnet SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos als „Allianz der Gefährder“, weil sie einem Bundestrojaner, also einer Überwachungssoftware, kritisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Die ÖVP will den Trojaner, hat bisher aber keinen konkreten Vorschlag vorgelegt. Darauf würde es ankommen: Die Sache ist verfassungsrechtlich extrem sensibel – und gar nicht so einfach zu regeln. Einfach ist nur, was Stocker kommuniziert. Wissend, dass am Ende des Tages etwas ganz anderes im Vordergrund bleiben dürfte: In größeren Teilen der Gesellschaft eine Abwehr gegen Muslime.

Vereinfacht ausgedrückt kann man davon ausgehen, dass ein Drittel der Wählerschaft weiterhin differenziert und mit blauen und türkisen Zugängen zum Thema Flucht und Migration sowie Integration nichts anfangen kann. Ein Drittel spricht sich nach den jüngsten Ereignissen jedoch für eine Art „Jetzt erst recht“ aus.

Ein Drittel schwankt. Es ist wahlentscheidend. Infolge der Flüchtlingskrise 2015 tendierte es mehrheitlich zu FPÖ und letzten Endes vor allem ÖVP, die dem durch Sebastian Kurz entsprach. 2024 ist in der ÖVP kein Sebastian Kurz zur Stelle, gibt es aber auch keine starke Bewegung in der Mitte oder links davon, die das eine Drittel davon abhalten könnte, zu einem erheblichen Teil freiheitlich zu wählen.

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