Mit Kurz ist keine Koalition zu machen

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ANALYSE. Es liegt nicht nur an den Partnern, dass es mit dem ÖVP-Chef nie lange gut geht. Im Gegenteil.

„Auf dem Bild, aber nicht dabei“, könnte man sagen: „Ich freue mich sehr, dass wir in Österreich durch die Gründung der Hygiene Austria die Versorgung an Mund-Nasen Masken nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder gewährleisten können. Dies ist ein weiterer und wichtiger Beitrag zur Eindämmung von COVID-19 und zur Sicherheit aller Menschen in Österreich“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) laut Aussendung beim Besuch der Betriebsstätte vor einem Jahr.

Oder: „Grund zur Freude“ will er auch im Dezember anlässlich der ersten Corona-Impfung gesehen haben: „Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen.“ Wobei das Kanzleramt damals ausdrücklich folgendes dokumentiere: Er, Kurz, stehe gemeinsam mit dem Gesundheitsminister laufend in Gesprächen mit der Europäischen Kommission sowie den involvierten Pharmaunternehmen, um ein Maximum an Impfdosen für Österreich abrufen zu können.

Wobei das nicht nur so dahingesagt war. Solange es gut lief, entsprach das auch exakt der Selbstdarstellung. Ja, am 16. Dezember ging Kurz sogar so weit, den Eindruck vermitteln zu lassen, er allein habe auf eigene Faust Impfstoff organisiert: „Bundeskanzler @sebastiankurz nach Call mit Pfizer: 900.00 Dosen Corona-Impfstoff bis März #coronavirus“, so ein Sprecher auf Twitter.

Bundeskanzler @sebastiankurz nach Call mit Pfizer: 900.000 Dosen Corona-Impfstoff bis März #coronavirus https://t.co/n6TXzZcxU2

— Rupert Reif (@rupertreif) December 16, 2020

Das war schon damals geflunkert und ließ tief blicken: Das Gesundheitsministerium hatte diese Lieferung schon zuvor angekündigt; sie entsprach Vereinbarungen auf europäischer Ebene. Aber das ist aus heutiger Sicht nicht einmal mehr eine Fußnote: „Die Impfsache läuft furchtbar schief“, so der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier in der ZIB2 vom 14. März.

Und was macht der Kanzler? Wie schon bei „Hygiene Austria“ will er nichts mehr damit zu tun haben. Klar, bei der Maskenfirma kann man ihm das Versagen weniger zuschreiben. Aber auch dort gibt es Bezeichnendes: Kurz inszenierte sich bei einem vielversprechenden Projekt; wie die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die sich um beschleunigte Betriebsgenehmigung kümmerte, ist er nicht auf Nummer sicher gegangen, dass hier eh alles sauber läuft. Schnelle Bilder und Schlagzeilen waren wichtiger.

Doch zurück zu den Impfungen: „Es ist weniger ein Zeichen von Souveränität, nicht jeden, aber sehr viele als Totalversager zu bezeichnen, mit Ausnahme von sich selbst“, so Peter Filzmaier in der ZIB2. Und: „Da muss er sich dann die Frage gefallen lassen, was hat er bis zum letzten Freitag eigentlich beruflich im Jahr 2021 so gemacht.“

Die Antwort: Kurz hat mehr und mehr versucht, jeden Eindruck zu vermeiden, dass er etwas zu tun hat mit der Impfsache. Höhepunkt war ebendieser Freitag, an dem er eine Benachteiligung Österreichs aufgrund eines Basars auf europäischer Ebene ortete. Das war doppelt entlarvend: Wenn hier einer Basar gemacht hat, dann hat Kurz selbst mit seinem erwähnten „Call mit Pfizer“ so getan als ob. Zweitens ist mittlerweile Allgemeingut, dass es in Europa nicht nur Vereinbarungen aller Mitgliedstaaten gab und gibt, sondern auch ein entscheidendes Gremien, in dem Österreich durch den bisherigen Impfkoordinator Clemens Martin Auer vertreten ist. Zusammengefasst: Österreich hat zumindest ebenso viel verbockt wie die EU in der ganzen Geschichte. Einziger Unterschied: Die EU ist zu Selbstkritik in der Lage. Vizepräsident Frans Timmermans räumte Fehler der Kommission ausdrücklich ein.

All das zeigt letzten Endes sehr gut, dass mit Kurz offenbar keine Koalition zu machen ist: Es geht immer nur um ihn. Seine Partei hat er allein auf sich selbst ausgerichtet. Um sich schart er Regierungsmitglieder mit beschränkter Kompetenz. Wobei er bei Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher immerhin einen solchen Crash damit erlitten hat, dass er nicht anders konnte, als mit Martin Kocher einen Fachmann in sein Team zu holen, der das überstrahlte. Geblieben sind aber noch Finanzminister Gernot Blümel, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und andere.

Auf das fehlende Interesse von Sebastian Kurz an „Nicht-Ich“, also Anderen, bzw. einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit sind nach Sozialdemokraten (2017) und Freiheitlichen (2019) zuletzt auch Grüne hereingefallen: Die Devise „Das Beste aus beiden Welten“, die der Koalition zugrunde liegt, ist ja exakt Ausdruck von null Bereitschaft, sich auf jemanden außer sich selbst einzulassen. Es ist wie eine Ehe, bei der die Partner vereinbaren, nebeneinanderher zu leben und ausschließlich dort zu kooperieren, wo es zum Vorteil beider ist: Das ist keine Grundlage für schwere Zeiten, da darf man sich nichts erwarten.

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