ANALYSE. Die Ausgleichsmaßnahme zur CO2-Bepreisung wurde von ÖVP, aber auch Grünen, uminterpretiert und letztlich von beiden zweckentfremdet. Ergebnis: Von einer guten Idee ist nicht mehr viel übrig.
Die Forderung von Ex-ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner, den Klimabonus für Asylwerber zu streichen, war entlarvend. Zumal sie von „Leistung“ und anderen Dingen sprach, die sie als „Werte“ subsummierte, hätte es durchaus zu einer Debatte darüber kommen können, warum es bei dem Bonus denn überhaupt keine Unterscheidung gebe; weder zwischen Armen und Reichen noch zwischen viel Autofahrenden und ausschließlichen Zu-Fuß-Gehenden etwa. Aber zu einer solchen Debatte ist nicht nur nicht gekommen, weil Sachslehner zurückgetreten ist, sondern weil es ihr und den Tiroler ÖVP-Funktionären, von denen der Vorstoß ursprünglich gekommen war, ausschließlich um ein Signal gegen Fremde ging bzw. darum, Freiheitlichen Wind aus den Segeln zu nehmen.
Von daher handelt es sich um eine maximale Abweichung von der Sache, nämlich dem Klimabonus. Schon zuletzt ist – mit Zustimmung der ÖVP – ein sehr allgemeiner Teuerungsausgleich für alle Menschen in Österreich daraus gemacht worden. Volle Gießkanne, sozusagen.
Die ursprüngliche Idee war eine andere: Es handelte es sich um eine Ausgleichsmaßnahme zur CO2-Bepreisung. „Zum Zweck der Kompensation der genannten Mehrbelastungen und zur Vermeidung sozialer Härten soll ein regionaler Klimabonus, bestehend aus einem Sockelbetrag und einem Regionalausgleich, eingeführt werden“, heißt es in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage. Dem wurde insofern Rechnung getragen, als (erwachsenen) Menschen in Wien, die (eher) ein öffentliches Verkehrsmittel vor der Haustüre haben und kein eigenes Auto benötigen, 100 Euro pro Jahr in Aussicht gestellt wurden und Menschen in entlegenen Gebieten 200 Euro. Bei ihnen wurde angenommen, dass sie regelmäßig Auto fahren und – durch die CO2-Bepreisung – verteuerten Sprit tanken müssen. Daher sollte ihnen eine größere Entlastung gewährt werden.
Von einer Belohnung für all jene, die „CO2-arm“ leben, war zunächst keine Rede. Das war die Erzählung der Grünen. „Vom Baby bis zur Uroma“ würde alle den Bonus erhalten, berichteten sie auf ihrer Website: „Je weniger CO2 man verbraucht, desto mehr bleibt vom Klimabonus im Geldbörserl übrig.“
Das ist eine schöne und keine falsche, aber eine etwas andere Erzählung, die letzten Endes überhaupt durchkreuzt wurde: Im Sommer haben ÖVP und Grüne beschlossen, den Klimabonus auf 250 Euro für alle Erwachsenen zu erhöhen und um einen Anti-Teuerungsbonus in Höhe von 250 Euro ergänzen. Die Leistung hat damit ein neues „Marscherl“ bekommen oder ihr bisheriges verloren. Wie man will. Der Punkt ist: Auf dem Konto landen 500 Euro. Wofür? Es wäre spannend, Antworten der Begünstigten im Rahmen einer Umfrage zu erheben.
Vom Klimaschutz dürfte kaum noch etwas übrig geblieben sein in der Wahrnehmung einer Masse. Zumal der CO2-Preis ziemlich sicher erst mit 1. Oktober kommen wird, der Ausgleich oft aber schon vorher. Das ist nicht unbedingt im Sinne der Erfinderinnen und Erfinder, es handelt sich eher um eine Art selbstverursachten „Message Control“-Verlust, zu dem es hier gekommen ist: Aus dem Klimabonus ist eine gewöhnliche Einmalzahlung des Staates geworden, um mit generell steigenden Preisen besser zurechtkommen zu können.