ANALYSE. Die Zukunftsfähigkeit Österreichs ist mehr denn je eine Angelegenheit von allgemeinem Interesse: Wenn schon ernsthaftes „Think Austria“, dann bitte öffentlich.
Entweder wird die Internetseite des Kanzleramts nicht gepflegt oder die Denkfabrik „Think Austria“ hat ihren Dienst eingestellt. Diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man sich das anschaut, was ganz offensichtlich als Leistungsausweis dieser Gruppe um Antonella Mei-Pochtler gedacht ist. Bei „Öffentlichen Veranstaltungen“ hat sich schon lange nichts mehr getan. Der jüngste Eintrag stammt vom Juni 2019 und betrifft einen Workshop zu „Ethik im digitalen Zeitalter“. Die aktuellste „Publikation“ stammt ebenfalls von damals, ist also auch schon fast zwei Jahre alt.
Darüber kann man sich wundern: Seither ist nicht nur ein wenig, sondern furchtbar viel passiert. Hinweise sind hier überflüssig, kaum ein Mensch denkt noch an etwas anderes. Zumindest nach außen hin erweckt „Think Austria“ jedoch nicht den Eindruck, dem gerecht zu werden: Wie könnten unter den zum Teil radikal geänderten Rahmenbedingungen „Lösungsansätze“ für die „Zukunftsfähigkeit Österreichs“ ausschauen, um es hier mit Begriffen zum Ausdruck zu bringen, die die Denkfabrik selbst verwendet? Man erfährt es nicht.
Leiterin ist wie erwähnt Antonella Mei-Pochtler, laut Telefonliste des Kanzleramts hat sie einen Stellvertreter sowie drei Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin. Viel mehr lässt sich nicht sagen. Diese Zurückhaltung in der Außendarstellung kann man damit erklären, dass es ihre Aufgabe laut einer älteren Anfragebeantwortung von Sebastian Kurz (ÖVP) lediglich ist, ihn und das Kanzleramt „im Bereich der Analyse und langfristigen strategischen Planung der allgemeinen Regierungspolitik zu unterstützen und zu beraten“; und „laufend interne Hintergrundinformationen für nationale und internationale Termine sowie Inputs für Reden oder Konzepte und Briefings“ zu erstellen. Sprich: reine, wenn auch anspruchsvollere Assistenztätigkeiten zu erledigen.
Umgekehrt aber ist es bezeichnend, dass weder der Kanzler noch die Regierung bisher auf die Idee gekommen sind, einen „Think Tank“ öffentlich tätig sein und Zukunftsfragen erörtern zu lassen, die wirklich von allgemeinem Interesse sind: Wie könnten soziale Verwerfungen überwunden werden, wie könnten Klüfte wieder reduziert werden, wie könnte Österreich zu mehr nachhaltigem Wirtschaftswachstum kommen etc.? Es gibt wirklich essenzielle Fragen über Fragen.
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