ANALYSE. Der Finanzminister wird kaum länger als bis 2024 im Amt sein. Das prägt seinen Kurs – und ist bedrohlich für Sozialdemokraten, die dann am ehesten zum Zug kommen werden.
Das denkwürdigste Zitat zum Budget kommt von Christoph Badelt: „Ich möchte nicht in fünf Jahren Finanzminister sein“, sagte der Chef des Fiskalrates (früher: Staatsschuldenausschuss) vor wenigen Tagen auf einer Veranstaltung. Nun, er selbst wird sich kaum Gedanken darüber machen müssen. Und dem Amtsinhaber, Magnus Brunner (ÖVP), wird die Aussage kaum zu denken geben.
Die Sache ist die: Brunner muss als Vertreter der ÖVP davon ausgehen, sein Amt in Folge der nächsten Nationalratswahl zu verlieren. Je nachdem, wann diese stattfindet und wie lange dann die Bildung einer neuen Regierung dauert, wird das spätestens Ende 2024, Anfang 2025 der Fall sein. Zweitens: Selbstverständlich gibt er sich mit seiner Partei nicht einfach nur diesem Schicksal hin. Er bemüht sich, das Bestmögliche herauszuholen und zumindest noch vorhandene, potenzielle Wählerinnen und Wähler bei Laune zu halten.
Ein Ergebnis davon ist das nächstjährige Budget, das er soeben dem Nationalrat präsentiert hat: Es ist von gegenwärtigen und absehbaren Krisen geprägt. Es enthält sehr umfassende Abfederungsmaßnahmen. Das ist grundsätzlich gut und wichtig. Geprägt sind die Abfederungsmaßnahmen jedoch – auch wenn Brunner dies anders darstellt – von einem „Koste es, was es wolle“- oder „Nach uns die Sintflut“-Zugang. Erstens: Es mangelt an Treffsicherheit und ist daher extra-teuer. Zweitens: Die Begrenzung der kalten Progression, die Pensionsanpassung und die Erhöhung des Verteidigungsbudgets etwa führen zu nachhaltigen Herausforderungen für die Budgetpolitik; Einnahmen werden gebremst, Ausgaben ausgeweitet. Drittens: Gerade auch wenn man diese Dinge begrüßt, sollte man stutzig werden. Die Finanzierung ist vollkommen offen. Sie wird kaum vor der Nationalratswahl (ob vorgezogen 2023 oder regulär 2024) angegangen werden, sondern nachfolgenden Regierungen und Finanzministerin überlassen.
Frei nach Badelt könnte man sagen, dass man dann weder als Regierung insgesamt noch als Finanzminister im Besonderen in der Verantwortung stehen möchte, das Budget sanieren zu müssen. Hier geht es um Dimensionen, die all die bisherigen Sparpakete wie harmlose Übungen mit kleinen Cent-Beträgen wirken lassen.
Gefordert sein wird am ehesten die SPÖ. Es müßig, zu unterstellen, dass sich Türkise gerade auch vor diesem Hintergrund um nichts mehr scheren und so zukunftsvergessen agieren. Vielleicht ist es auch zu billig: Immerhin müssen Türkise trotz aller Umstände weiterhin ein Interesse daran haben, in der Regierung vertreten zu bleiben; selbst wenn ihnen nur die Rolle des Juniorpartners bleibt.
Wichtig ist, dass es hier auf einen politischen Richtungsstreit hinausläuft, wie ihn Österreich in der Zweiten Republik noch nicht gehabt hat. Zur Lösung der Herausforderungen gibt es – vereinfacht ausgedrückt – zwei Zugänge, die sich diamentral unterscheiden. Man kann (klassisch) sparen, also Leistungen kürzen. Oder man kann Steuern erhöhen und neue einführen. Bei Anhängern dieses Zugangs wird es unter den gegebenen Umständen naheliegend sein, vor allem auch Vermögen zu besteuern.