ANALYSE. Die FPÖ gibt bei den Koalitionsverhandlungen den Takt vor, der Bundespräsident beginnt mitzumischen. Das wird ein bisschen viel für den künftigen Kanzler.
Längerfristig muss das ja nichts heißen, zurzeit aber macht ÖVP-Chef Sebastian Kurz sehr schwere Zeiten durch: Sein „Macher“-Image ist genauso infrage gestellt, wie seine Autorität. Wäre es nach ihm gegangen, dann hätten Koalitionsverhandlungen natürlich so verlaufen müssen: Zügig. Und mit einem aufsehenerregenden Abschluss.
Letzteres kann noch werden. Ersteres ist jedoch vermasselt. Und zwar in jeder Hinsicht: FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hat erreicht, was er wollte. Es wird nicht nur auf Augenhöhe verhandelt; sondern offenbar sogar so weit ins Detail hinein, dass sich die Sache über mehrere Wochen, wenn nicht sogar zwei, drei Monaten dahinzieht.
Wobei sich zunächst einmal eine Ernüchterung nach der anderen für Sebastian Kurz auftut, die mehr, weniger oder gar nicht damit zusammenhängt: Die Kür von Elisabeth Köstinger zur Nationalratspräsidentin ging daneben. Im eigenen Klub gab es Gegen- bzw. Stimmen für einen Kandidaten (Karlheinz Kopf), der gar nicht kandidierte. Und die Kritik daran, dass sie, seine Vertraute, möglicherweise nur eine Übergangspräsidentin ist, war so groß, dass es schwer wird, sie letzten Endes wirklich wieder abzuziehen und mit einem Ministerposten zu betrauen.
Der Eindruck, der damit einhergeht, ist fatal: Wenn ein solches Klein-Klein „neu regieren“ heißen soll, dann gute Nacht.
Begleitet werden die Koalitionsverhandlungen von Meldungen über unfassbare Banalitäten, die dort behandelt werden sollen. Eine Aufhebung von Tempolimits auf Autobahnen beispielsweise. Oder eine Aufhebung des bereits beschlossenen Rauchverbots in Lokalen. Beides mag stimmen oder nicht. Der Eindruck, der damit einhergeht, ist fatal: Wenn ein solches Klein-Klein „neu regieren“ heißen soll, dann gute Nacht.
Umso größer und beeindruckender muss das Reformprogramm werden, das Schwarz-Blau eines Tages vorlegt: Sonst bleibt auch in den eigenen Reihen eher nur Enttäuschung zurück.
Was nicht ist, kann wie gesagt aber noch werden. Das Problem für Kurz ist nur, dass es mit jedem Tag schwieriger wird. Womit wir bei der Nachricht wären, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor Diplomaten erklärt hat, wen er nicht als Minister akzeptiert; die FPÖ-Politiker Harald Vilimsky und Johann Gudenus. Das hat nicht zuletzt diese Nebenwirkung: Die Freiheitlichen müssen sich ganz schön zusammenreißen, nicht das zu tun, was sie sehr wahrscheinlich gerne machen würden; Van der Bellen nämlich in ihren eigenen Worten erwidern, dass er sich nicht aussuchen könne, wenn sie nominieren.
Und Kurz wiederum bekommt europaweit bestätigt, dass er sich mit einem Koalitionspartner zusammentun möchte, der so zweifelhafte Figuren in seinen Reihen haben soll, dass sich das Staatsoberhaupt gezwungen sieht, einzuschreiten.
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