Wer im Weg steht

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ANALYSE. ÖVP und SPÖ haben dasselbe Problem: Landeshauptleute, die Zustände auf Bundesebene zu verantworten haben und eine Erneuerung schwer bis unmöglich machen.

Wer über den Zustand der SPÖ und die Performance der Vorsitzenden, Pamela Rendi-Wagner, redet, sollte nicht vergessen, wer in der Partei bestimmend ist. Zum Beispiel das Präsidium. Inklusive Rendi-Wagner setzt es sich aus fünf (stellvertretenden) Landeshauptleuten zusammen: Michael Ludwig (Wien), Peter Kaiser (Kärnten), noch Franz Schnabl (NÖ) sowie Georg Dornauer (Tirol) und Anton Lang (Steiermark). Ursprünglich war auch Hans Peter Doskozil (Burgenland) dabei, er aber hat sich vor zwei Jahren verabschiedet. Beziehungsweise aus der Verantwortung genommen.

De facto entscheidet das Präsidium, wer den Parteivorsitz innehat. Und in Wirklichkeit tun das unter den Ländervertretern natürlich weniger Leute wie Lang und Dornauer, sondern eher Männer wie Kaiser, ganz besonders aber Michael Ludwig.

Genau genommen ist er sogar der Chef. Insofern kann man sich wundern darüber, wie sehr er sich bei all den Turbulenzen zurückhält, ja durch seine Zurückhaltung sogar den Eindruck erweckt, die Entwicklung der Sozialdemokratie sowie die Demontage von Rendi-Wagner sei ihm egal.

Es ist falsch verstandener Föderalismus, wenn Ländervertreter Bundesparteiobleute küren und sie dann mitsamt der Organisation ihrem Schicksal überlassen. Wenn sie im Übrigen, wie Doskozil, aus sicherer Entfernung zum Teil sogar offen parteischädigend agieren. Oder wenn sie sich im Falle von Verlusten bei Landtagswahlen an denen in „Wien“ abputzen.

Bei der ÖVP hat das eine längere Vorgeschichte. Die Niederösterreicherin Johanna Mikl-Leitner führt die massiven Verluste bei der Landtagswahl vom 29. Jänner auf Weltkrisen und die Bundespolitik zurück. Nach und nach wird deutlich, dass unter anderem auch die Impfpflicht eine größere Rolle gespielt haben dürfte. Dass Leute, die gegen die Impfung, geschweige denn die Pflicht waren, jetzt geantwortet und nicht ÖVP, sondern FPÖ gewählt haben. Anders ausgedrückt: Ungeimpfte scheinen die niederösterreichische Landtagswahl für eine Denkzettelwahl genützt zu haben.

Hier lässt sich sehr eindrucksvoll das Drama der Volkspartei nachzeichnen: Heute würde vielleicht sogar Sebastian Kurz ohne die ganzen Affären verlieren. Josef Votzi erinnerte in einem Blog im Herbst 2021 an eine „Kurz-Doktrin“. Sie lautete: „Die Pandemie für die Geimpften ist vorbei. Sie ist eine der Ungeimpften.“ Darauf basierte ein „Lockdown für Ungeimpfte“, den ein Teil der Betroffenen (in Niederösterreich gibt es Gegenden, in denen sie gut die Hälfte der Bevölkerung ausmachen) bis heute nicht vergessen hat.

Das ist das eine. Das andere: Die Impfpflicht ist, wie Votzi skizziert, von den Landeshauptleuten auf einer Konferenz am Tiroler Achensee im November vor eineinhalb Jahren durchgesetzt worden. Kanzler war damals vorübergehend Alexander Schallenberg. Eine Marionette. Nicht nur (seinerzeit) von Kurz, sondern auch der ÖVP-Landesobleute.

In einem ORF-Interview sprach der damalige ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler Mikl-Leitner darauf an, dass sie ursprünglich gegen die Impfpflicht gewesen sei, bei der Landeshauptleutekonferenz nun aber „massiv für eine Impfpflicht eingetreten“ sei. Warum? Antwort: „Ich habe mich für diese Impfpflicht stark gemacht, weil es unser Ziel sein muss, Schutz und Sicherheit für unsere Leute im Land zu garantieren.“

Wenige Wochen später, als der Widerstand unüberhörbar wurde, gehörte sie zu den ersten, die sich für ein Aussetzen der Impfpflicht aussprachen, die dann ja ohnehin nie in Kraft getreten ist.

Nicht nur die Impfpflicht ging de facto auf einen Beschluss der Landeshauptleute zurück, in der ÖVP tat es auch die Kür von Sebastian Kurz durch die dortigen Vertreter zum Bundesparteiobmann im Frühjahr 2017. Mikl-Leitner und Co. hatten damals keine Idee, wie man als bürgerliche Partei noch bundesweit erfolgreich sein könnte. Sie machten es sich einfach und überließen das alles einem jungen Mann. Inklusive weitreichender Vollmachten.

Jetzt sind sie frustriert über das, was geblieben ist, fangen an, es Karl Nehammer in die Schuhe zu schieben. Anstatt endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Beiträge für eine zukunftsfähige Volkspartei zu liefern; nicht nur personelle, sondern vor allem auch inhaltliche. Das muss man sich einmal vorstellen.

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