Weiter wie bisher

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ANALYSE. Karl Nehammer tut so, als wäre es ein Fortschritt, von einem intransparenten zu einem transparenten Postenschacher zu wechseln. Es ist kaum zu glauben.

Bisher war es die ÖVP gewohnt, mit Koalitionspartnern in einem sogenannten Sideletter zu vereinbaren, wer von den beiden welchen Posten besetzt, um es salopp zu formulieren. Sebastian Kurz (ÖVP) fixierte mit Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Beispiel nicht nur, wer Höchstrichter nominiert, sondern auch, wie es bei der ÖGAB laufen soll: „Der Vorstand der Beteiligungsgesellschaft wird durch die ÖVP nominiert.“ Der Aufsichtsrat ebenfalls. Aber (etwas holprig formuliert): „Die FPÖ erhält eine Person bis zu 1/3 der Aufsichtsratsmandate in Unternehmensbeteiligungen.“

Mit Grünen-Chef Werner Kogler lief es ähnlich. Mit diesem hat Sebastian Kurz in einem ebenfalls zunächst geheimen „Sideletter“ aufgeteilt, was nach ihrem Verständnis aufzuteilen ist. Beispiel ORF-Stiftungsräte: „Nominierungsrecht (sic!) 5 x ÖVP, 2 x unabhängige auf Vorschlag der ÖVP (sic!), 2 x Grüne“.

Ob Kurz-Nachfolger Karl Nehammer das jetzt mit Sozialdemokraten und Neos auch so handzuhaben gedenkt? Margit Laufer (ORF) hat ihm diese Frage in einem ZIB2-Interview am 18. November sinngemäß gestellt. Antwort: Es gebe überhaupt keinen Grund, das intransparent zu halten, das sollte im Regierungsprogramm angeführt sein: „Umso transparenter der Vorgang ist, umso besser kann man auch darstellen, warum welche Postenbesetzungen dann auch tatsächlich stattfinden.“

Was für ein Irrtum. Wenig bis nichts wird besser, wenn etwa offen festgehalten wird, beim ORF-Stiftungsrat habe die „ÖVP 4 x, die SPÖ 3 x und Neos 1 x“ ein sogenanntes „Nominierungsrecht“, das in keinem Gesetz verankert ist, sondern eine schlichte Selbstermächtigung ist. Es wäre ein Weiter wie bisher.

Das Problem ist, nach welchen Kriterien Posten vergeben werden. In der Praxis läuft es so, dass die ÖVP meint, der ORF gehöre ihr und daher stehe es ihr zu, Leute in den Stiftungsrat zu setzen, die sich schon einmal mit einem wichtigen Mann von ihr zusammentun (wie in der Vergangenheit mit dem Kurz-Vertrauen Gerald Fleischmann), um dann am nächsten Tag den von ihr gewünschten Direktor zu bestimmen (wie in diesem Fall Roland Weißmann).

Das widerspricht dem Geist des ORF-Gesetzes. Stiftungsräte haben demnach zunächst einmal fachlich kompetent zu sein. Sie haben im Übrigen im Sinne des Unternehmens tätig zu sein und sind daher an keine Weisungen und Aufträge gebunden. Mehrheitsverhältnisse unter den Parteien sollten durch sie zum Ausdruck kommen, das aber eher nur am Rande. Die größere Zahl von ihnen wird daher nicht unter Bezug darauf ausgewählt, sondern unter anderem von der Bundesregierung bestellt. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Hier sind Regierungsmitglieder gefragt, die im Sinne des Ganzen agieren, nicht nur im Sinne ihrer Partei.

Es ändert nichts, wenn künftig ganz offen festgestellt wird, die ÖVP dürfe vier, die SPÖ drei und Neos einen Aufsichtsrat in einem staatlichen Unternehmen bestimmen oder nach diesem Muster Höchstrichter, Mitglieder der Nationalbank-Führung oder wen auch immer: Auf Auswahlkriterien und -prozesse insgesamt kommt es an.

Nach bisherigem Verständnis kann man politischer Verantwortung nur gerecht werden, wenn man überall Leute sitzen hat, die einem verpflichtet sind und die sich daher steuern lassen. „Kein Weiter wie bisher“ würde jedoch bedeuten, erstens transparent festzulegen, welche Voraussetzungen Kandidatinnen und Kandidaten für eine bestimmte Funktion erfüllen müssen, die sich einem offenen Verfahren zu stellen haben; und zweitens Transparenz auch bei der Entscheidung walten zu lassen: Warum XY? Das muss nachvollziehbar sein. Der Hinweis, dass er oder sie dem „Nominierungsrecht“ von ÖVP, SPÖ oder Neos entspreche, wäre dann eindeutig zu wenig.

PS: Das alles ist nicht neu. Auf Unzulänglichkeiten im System hat vor zwei Jahren etwa „Greco“, eine Staatengruppe des Europarates gegen Korruption, hingewiesen. Bisher ist es halt ignoriert worden.

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