Weil man muss

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ANALYSE. Bei den Regierungsverhandlungen ist Neos in einer zunehmend starken Position: Für ÖVP, aber auch SPÖ ist ein Abschluss schier „alternativlos“.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat gesagt, zur Koalition mit ÖVP und SPÖ werde es kommen, „wenn man will, nicht weil man muss“. Das mag in ihrem Fall weitgehend richtig sein. Aus Sicht der Volkspartei handelt es sich jedoch eindeutig um ein Muss, ist es zunehmend „alternativlos“.

Es geht um weit mehr als Karl Nehammer, der nur Kanzler, ja in der Politik bleiben kann, wenn es zu einer solchen Koalition kommt: Seine Partei eine einzige Option. Genauer: Sie weiß nur, dass sie das Kanzleramt und am besten auch das Finanzministerium „behalten“ möchte. Das ist keine gute Voraussetzung für Zuversicht und Aufbruch.

Im Übrigen fällt ihr selbst nicht einmal mehr auf, wie widersprüchlich sie ist: Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat es in einen Interview geschafft, einerseits zu bedauern, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen nicht der Usance entsprochen hat, Herbert Kickl als dem Chef der stimmenstärksten Partei den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen; und anderseits zu betonen, dass sich in der ÖVP niemand vorstellen könne, Kickl zum Bundeskanzler zu machen.

Das passt nicht zusammen: Für Kickl war die ÖVP die einzig mögliche Koalitionspartnerin. Sie hat durch Nehammer und jetzt auch Stelzer jedoch mehrfach bekräftig, nicht mit ihm zusammenarbeiten zu wollen. Damit war klargestellt, dass ein Regierungsbildungsauftrag de facto unerfüllbar gewesen wäre für den FPÖ-Chef.

Klar: Insgeheim glauben Leute wie Stelzer, dass Kickl dann als der große Gescheiterte dagestanden wäre. Das wiederum zeugt jedoch nur davon, wie sehr sie ihn unterschätzen: Von Wahl zu Wahl wird deutlicher, wie treffsicher und effektiv er Stimmungslagen in weiten Teilen der Bevölkerung anspricht.

Wenn, dann hätte er mit einem Regierungsbildungsauftrag in der Tasche von der ÖVP entzaubert werden müssen. Bei den laufenden Verhandlungen mit SPÖ und Neos zeigt sich jedoch, dass sie nicht einmal genauere Vorstellungen von „Kein Weiter wie bisher“ hat. Dass Nehammer neue Steuern ausschließt, aber vergisst, dass die eigenen Gemeinden mehr denn je auf eine Grundsteuererhöhung drängen. Weil sie gemeinsam mit den Ländern tief ins Minus rutschen. Gut ein Prozent des gesamtstaatlichen Defizits dürfte im kommenden Jahr auf sie entfallen. Da kracht’s gewaltig.

Da ist der Unmut von Neos über den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst, den ÖVP und SPÖ ohne die Kleinpartei fixiert haben, nachvollziehbar: Wenn Nehammer schon von ausgabenseitiger Sanierung spricht, kann er nicht so mir nichts, dir nichts als erstes eine ausgabenerhöhende Maßnahme fixieren. Das passt nicht zusammen. Da geht es nicht um eine notwendige Besserbezahlung von Pädagogen und Pflegerinnen. Es geht um die Vorgangsweise.

Im Übrigen ist es wirklich eher nur für Neos so, dass diese Koalition kommt, wenn sie wollen. Die anderen müssen. Die ÖVP, aber auch die SPÖ, die aus reinem Machtkalkül in der Steiermark sogar bereit ist, auf die FPÖ zuzugehen. Auch Neos kann die Verhandlungen nicht so einfach scheitern lassen. Damit würde das Risiko einhergehen, bei Neuwahlen abgestraft zu werden. Aber wenn hier jemand Druck machen kann, diesem „Kein Weiter wie bisher“ Taten folgen zu lassen, dann ist es die Partei von Meinl-Reisinger.

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