Was Kurz und Strache anders machen

ANALYSE. Schwarz-Blau I wiederholt sich nicht. Das kommende Regierungsprogramm wird kaum Grauslichkeiten, aber scharfe Weichenstellungen enthalten, die letzten Endes vor allem die SPÖ schwächen dürften.

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ANALYSE. Schwarz-Blau I wiederholt sich nicht. Das kommende Regierungsprogramm wird kaum Grauslichkeiten, aber scharfe Weichenstellungen enthalten, die letzten Endes vor allem die SPÖ schwächen dürften.

Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) war getrieben vom Bestreben, als Budgetsanierer in die Geschichte einzugehen. Durch Schwarz-Blau I ist ihm das auch ein Stück weit gelungen. Begriffe wie Pensionsreform oder vor allem auch Nulldefizit sind untrennbar mit ihm und seinem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser verbunden. Das wird sich nicht wiederholen: Der wohl künftige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) greift viel eher Stimmungslagen auf, um so zu reagieren, dass er Wahlen gewinnen kann. Und die Freiheitlichen sind da sowieso dabei.

Also zeichnen sich für das Regierungsprogramm vor allem „Symbole“ ab. Weder ein Sparpaket, noch Einschnitte zur langfristigen Sicherung der Pensionen, sondern Dinge wie die Kürzung der Mindestsicherung, eine Rauchgenehmigung für Gastronomiebetriebe und dergleichen. Das eine oder andere wird zwar auch finanziell etwas bringen – aber halt so wenig, dass die große Wirkung ausbleiben wird. Dazu muss man sich nur diese Zahlen vor Augen führen: Die Sozialausgaben betragen summa summarum bereits mehr als 100 Milliarden Euro. Auf die Mindestsicherung entfällt gut ein Prozent davon. Auf die gesamte Altersversorgung mehr als die Hälfte.

Die Stärkung der direkten Demokratie mag gut und harmlos daherkommen. Sie ist es nicht.

Viel einschneidender werden ein, zwei andere Dinge sein: Ein möglicher Ausbau der direkten Demokratie und eine Schwächung der Sozialpartner auf allen Ebenen. Vor allem den Sozialdemokraten wird das zu schaffen machen. Zumal erfolgreich dagegen aufzutreten schwer bis unmöglich ist.

Die Stärkung der direkten Demokratie mag gut und harmlos daherkommen. Sie ist es nicht: Im Grunde genommen ist sie der Hebel, alles Denkbare umsetzen, was man sich jetzt vielleicht nicht getraut, in ein Regierungsprogramm zu schreiben, aber doch irgendwann einmal realisieren möchte.

ÖVP und FPÖ gehen jetzt schon Hand in Hand mit dem Boulevard. Hält das an, ist es ihnen ein Leichtes, ein Volksbegehren zu initiieren oder zu unterstützen, das auf die nötigen Unterschriften kommt, damit letzten Endes auch eine Volksabstimmung abgehalten werden muss. Da kann die Hürde nicht hoch genug sein.

Die Erfahrung der vergangenen Monate lehrt, dass Opposition dagegen ziemlich machtlos ist.

Die Erfahrung der vergangenen Monate lehrt, dass Opposition dagegen ziemlich machtlos ist: Christian Kern (SPÖ) hat gegenüber Sebastian Kurz sogar als Bundeskanzler immer wieder klein beigeben müssen – nachdem dieser die Öffentlichkeit für seine Wünsche mobilisiert hatte, blieb Kern nichts anderes mehr übrig.

Die zweite Geschichte betrifft wie erwähnt die Sozialpartner: Da kann Kurz Strache eigentlich nur dankbar sein, dass er so viel Druck ausübt, die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern zu streichen, Kollektivvertragspartner auszuhebeln („12-Stunden-Tag“), Krankenkassen zusammenzulegen und unter Umständen auch noch die Kammerbeiträge zu halbieren. Das schwächt auch ÖVP-interne Bastionen, die jedem Bundesparteiobmann lästig werden können; eines Tages auch ihm.

Vor allem aber die SPÖ wird darunter leiden: Sie ist im wesentlichen die Landesorganisation Wien zum einen und die Arbeitnehmervertretung zum anderen. Der Zustand ersterer braucht nicht weiter erläutert zu werden. Werden der Arbeitnehmervertretung Geld, Posten und Einflussmöglichkeiten genommen, wird ihr Zustand diesem bald ähneln.

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