Was fehlt

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ANALYSE. Seit einem Jahr ist Babler SPÖ-Vorsitzender – und muss jetzt schon einer Schicksalswahl entgegenzittern.

„Andreas Babler ist Chef der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und tut alles, um diese Position bestmöglich auszufüllen.“

Eigentlich ein vernichtendes Urteil. Ausgesprochen durch den Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke Ende Mai in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“. Frei übersetzt heißt es: Er bemüht sich eh. Aber mehr geht halt nicht.

Zu schreiben, wer solche Genossen habe, brauche keine Feinde mehr, wäre übertrieben. Und selbst wenn man berücksichtigt, dass Hanke der Nadelstreif- und Babler der hemdsärmelige Typ ist, der vorzugsweise Jeans trägt, steht es dafür, dass es in der SPÖ keine Bewegung zu seinen Gunsten (mehr) gibt.

Umso mehr muss er ziemlich genau ein Jahr nach seiner Wahl einer Schicksalswahl entgegenzittern: Wenn die SPÖ am kommenden Sonntag nicht zumindest gleichauf mit der ÖVP auf Platz zwei hinter der FPÖ landet, wird sich die Stimmung in der Partei kaum zu seinem Vorteil verbessern. Im Gegenteil, dann wird es noch schwieriger für ihn, im Hinblick auf die Nationalratswahl Ende September eine ordentliche Kampagne aufzustellen.

Wie dieser Urnengang nun ausgeht, ist nicht absehbar. Das ist ein Risiko, aber auch eine Hoffnung für Babler: Vielleicht liegen Meinungsforscher und die meisten Medien falsch. Vielleicht hat sich eine Wählermasse so weit verselbstständigt, dass gar nichts mehr absehbar ist. Auszuschließen ist es nicht: Bei einer fiktiven Kanzlerfrage hält „Niemand“ bezeichnenderweise noch immer eine Mehrheit. Das bedeutet, dass die relativ meisten Befragten keinen Kandidaten, keine Kandidatin vorfinden, der sie ihre Stimme geben würden. Es besteht also ein Vakuum, in dem viel möglich ist. Wobei: Babler ist nicht dieser „Niemand“, er kommt selbst auf keine 20 Prozent.

Im Übrigen ist die Graswurzelbewegung, auf die er setzt, nicht wahrnehmbar. Eine solche würde er jedoch umso mehr brauchen als Vertreter des Partei-Establishments, wie entfernt eben der eingangs erwähnte Peter Hanke, kaum rennen werden für ihn.

Die Zeit ist knapp: Es ist bald Mitte Juni, dann ist Urlaubszeit, dann sind es nur noch drei, vier Wochen bei zur Nationalratswahl.

Im ersten Jahr hat Babler einiges falsch gemacht. Es hat zu viele Luftballons irgendwie und zum Teil versehentlich steigen lassen und die Kontrolle verloren. Er hat politischen Mitbewerbern Steilvorlagen geliefert und sich wochenlang „Marx“ vorhalten lassen müssen. Vor allem ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wusste schon, warum er das macht: In Teilen der Wählerschaft ist man damit erledigt.

Babler hat umgekehrt einiges richtig gemacht: Er hat den Fokus auf Leute gerichtet, die kaum über die Runden kommen oder befürchten, sozial abzusteigen. Damit kann man mehr denn je Wahlen gewinnen.

Dazwischen gibt es Schwächen: Babler hat Ideen für Österreich präsentiert und gefühlt vergessen. Es ist jedenfalls seltsam, dass sie von ihm nicht auf der Agenda gehalten und unter die Leute gebracht werden; durch Events und Pressekonferenzen mit Expertinnen und Experten, die Inhalte stüzen.

Zum Beispiel Vorstellungen zu den Steuern. Es wirkt jedoch, als habe sich auch bei ihm die Überzeugung durchgesetzt, dass es am besten ist, keine großen Veränderungen (mehr) zu propagieren, die für Diskussionen sorgen. Weil das bei all den Krisen und Herausforderungen eher grundsätzlich unpopulär ist; weil es da eine wachsende Sehnsucht nach Ruhe gibt. Bloß: Wenn die politische Antwort darauf ist, einfach nur stillzuhalten, dann werden Wahlen erst recht zur Lotterie.

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