Worum es Ludwig geht

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ANALYSE. Der Wiener Bürgermeister zieht sich als Babler-Vize zurück. Das verheißt nichts Gutes für diesen, aber auch die SPÖ auf Bundesebene.

Der mächtigste Sozialdemokrat Österreichs, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, wird auf dem Parteitag im November nicht mehr für Funktionen auf Bundesebene kandidieren, also auch als stellvertretender Vorsitzender ausscheiden. In gewisser Weise ist das logisch: Ludwig lehnt die vom Vorsitzenden, also von Andreas Babler, betriebene Demokratisierung der SPÖ im Sinne der Basis ab. Was soll er also in Gremien wie Vorstand und Präsidium, die an Macht und Einfluss verlieren dürften, weil künftig ja Funktionär:innen über die Parteispitze und allfällige Regierungsbeteiligungen entscheiden sollen?

Im Übrigen ist er, Ludwig, zuletzt eher zu einer Belastung für Babler geworden. Stichwort Kleingarten-Causa mit dem Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy im Zentrum. „Wir haben hohe moralische Ansprüche. Wer eine Funktion oder ein Mandat für die Wiener Sozialdemokratie übernimmt, weiß, dass er mit einem höheren Maß gemessen wird, als Vertreter anderer politischer Parteien“, hatte Ludwig vor zwei Wochen der „Krone“ diktiert. Ergebnis: Eine parteiinterne Untersuchung will ergeben haben, dass alles sauber abgelaufen ist, also bleiben Nervrivy Funktionen und Mandate.

Die Wiener SPÖ merkt’s offenbar nicht. Im Unterschied zu Ex-Bundespräsident Heinz Fischer. Diese hat in einem ORF-Interview zu seinem 85. Geburtstag gerade berichtet, er sei „traurig“ gewesen, als er von der Kleingarten-Causa erfahren habe. Nicht „weil ich schon irgendein exaktes Bild hatte oder weil ich wusste, der ist schuldig und der ist unschuldig und der ist halb schuldig, sondern weil es das Klima beeinträchtigt und weil es viele redliche Menschen gibt, die dann sagen ‚Aha, da gibt es doch Gleiche und noch Gleichere‘.“ Das beeinflusse die Atmosphäre in ungünstiger Weise „und das schmerzt mich“, so Fischer.

Wirklich wehtun muss das Ganze aber SPÖ-Chef Babler. Er ist, wie er selbst betont hat, nicht angetreten, um Leuten zu dienen, bei denen auch nur der Eindruck besteht, dass sie es sich richten könnten. Dass sie im Wissen, dass ein billiges Badehüttengrundstück in Bauland umgewidmet wird, ein solches zunächst günstig kaufen und dann aufgrund der Wertsteigerung ein (aus Durchschnittsbürgersicht) Vermögen damit machen.

Aber die Wiener SPÖ und letzten Endes auch Ludwig zeigen eben kein Problembewusstsein. Wie kann das sein? Was denkt sich Ludwig dabei? These: Die Bundespartei ist ihm egal. Er hat Pamela Rendi-Wagner nicht halten, aber Hans Peter Doskozil verhindern können. Dank „Andi“ Babler. Das war’s. Dieser kann jetzt schauen, wo er bleibt.

Es ist belanglos, ob Ludwig Babler-Vize ist oder nicht. Es spielt keine Rolle, ob er weiterhin mit diesem für schöne Bilder Würstelessen und Seilziehen geht oder nicht. Relevant ist, ob er bereit ist, seine Politik inklusive anderer Entscheidungsprozesse mitzutragen. Das ist er ganz offensichtlich nicht. Damit bleibt er für Babler eine schwere Belastung.

Bablers „Problem“ ist umgekehrt, dass er sich nicht in Kurz’scher Manier darüber hinwegschwindeln und eine Bewegung namens „neue Sozialdemokratie“ inszenieren kann, die den Eindruck vermittelt, unabhängig von der bestehenden SPÖ zu sein. Dass er natürlich nicht wie Kurz alle Vollmachten erhält, zu tun, was ihm gefällt. Das lässt die SPÖ nicht zu, dafür ist noch immer demokratisch genug.

Babler könnte allein eine Massenbewegung vom Boden- bis zum Neusiedlersee organisieren, die der SPÖ unabhängig von Landesorganisationen wie jener Hans Peter Doskozils oder eben Ludwigs eine Erfolgsaussicht beschert. Ob das gelingen kann, ist jedoch fraglich.

Die Sache ist jedenfalls die, dass die Wiener SPÖ die Bundespartei nicht braucht. Bundespolitische Machtinteressen kann Ludwig über die Landeshauptleutekonferenz checken; sie ist nach wie vor großkoalitionär gestrickt. Abgesehen davon könnte ihm im Hinblick auf die Gemeinderatswahl 2025 nichts Besseres passieren, als eine blau-türksie Bundesregierung. Das wäre erfahrungsgemäß eine Konstellation, die der Wiener SPÖ bei Gemeinderatswahlen noch immer einen Achtungserfolg bescheren könnte. Von sich aus oder gar unter einer sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene ist derlei eher unwahrscheinlich für sie.

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