ANALYSE. Der SPÖ-Chef will wirklich Politik machen. Unabhängig davon, ob einem die Inhalte gefallen oder nicht: Das Problem ist, dass das grundsätzlich unerwünscht ist. Auch in der SPÖ.
Wie tief geht’s? Die ÖVP-nahe Seite „Exxpress“ und der Sender „Servus TV“ machen eine Affäre daraus, dass SPÖ-Chef Andreas Babler gerade Urlaub gemacht hat. Und zwar im Fünf-Sterne-Hotel „Columbia Beach Ressort“ auf Zypern. „Wie lächerlich ist das denn!“, befand Thomas Mayer vom „Standard“ auf Twitter (X) und präsentierte das Ergebnis einer Kurzrecherche: 3 Nächte für zwei Personen seien dort im November für 731 Euro zu haben. Inklusive Frühstück. Mayer: „Superluxus geht wohl anders.“
Babler hat zu kämpfen. Eine klare Wiederwahl als Vorsitzender auf dem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Graz wird nicht darüber hinwegtäuschen können. Auch bei auflagenstarken Boulevardmedien wie „Heute“ ist er unten durch.
Anlass zu Kritik bietet er zuhauf. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sein Arbeiten mit „unseren Leuten“ aufgegriffen. Wer sind die anderen? Wo soll das hinführen? Seine Äußerungen zur EU sind nicht vergessen. Im Übrigen kann man die Frage aufwerfen, wie gesetzliche Preisbremsen funktionieren und diverse Maßnahmen finanziert werden sollen und so weiter und so fort.
Aber: Babler will wirklich Politik machen. Das Problem ist, dass das nicht einmal in seiner eigenen Partei flächendeckend erwünscht ist. Und dass Mitbewerber überwiegend einfach nur daran interessiert sind, Macht auszuüben (ÖVP) oder „das System“ zu zerschlagen (FPÖ). Soll heißen: Dass es an Akteurinnen und Akteuren mangelt, die aus Überzeugung inhaltlich streiten könnten mit Babler. Daher werden ihm eher nur Dämlichkeiten wie die eingangs erwähnte zuteil.
Man muss froh sein, dass dem wirtschaftsliberalen Gerald Loacker bei den Neos aller Voraussicht nach der wirtschaftsliberale Sepp Schellhorn als Nationalratsabgeordneter nachfolgen wird. Nicht, weil dieser als Koch dem Traiskirchner Bürgermeister (Babler) einen Speiseplan für Kinderbetreuungseinrichtungen entworfen hat, sondern weil er als Unternehmer und leidenschaftlicher Kämpfer am ehesten dazu geeignet ist, (trotz der persönlichen Bekanntschaft) eine Gegenposition zu vertreten und im besten Sinne des Wortes zu kämpfen mit Babler.
Was Österreich, aber eben auch diesem zu schaffen macht, sind die vielen Pragmatiker der Macht, die es in der Politik gibt. Nicht missverstehen: Ein Stück weit muss zum Beispiel auch ein SPÖ-Vorsitzender ein solcher sein. Siehe Bruno Kreisky, der einst gezielt Katholiken umworben hat, um zu einer Mehrheit zu gelangen. Wenn die Pragmatik der Macht aber so weit geht, nur noch zu tun, war einer Masse gefällt, dann wird es gefährlich.
Dass bedeutet zum einen, dass für viele am besten einfach nur alles bleiben soll, wie es ist, notwendige Weiterentwicklungen also ausbleiben; und zum anderen läuft es auf eine Politik der Gefühle hinaus, die sich gerne auch gegen Teile der Gesellschaft richtet, die als schwach gelten und sich am wenigsten wehren können: Arbeitslose oder Migranten beispielsweise.