Waldhäusls Welt

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ANALYSE. Woher der freiheitliche Asyllandesrat kommt. Und wie er es so weit bringen konnte.

Die Freiheitlichen haben bei der niederösterreichischen Landtagswahl nicht nur in Regionen mit niedriger Durchimpfungsrate besonders stark abgeschnitten, sondern zum Beispiel auch im Bezirk Waidhofen an der Thaya. Ihre Zuwächse hier fielen zwar nur leicht überdurchschnittlich aus, mit 30,6 Prozent reichte es jedoch für ihr bestes Bezirksergebnis. Die Durchimpfungsrate von knapp 60 Prozent entspricht ziemlich genau dem landesweiten Niveau.

Waidhofen an der Thaya ist durch etwas anderes gekennzeichnet, was tendenziell ebenfalls günstig ist für Freiheitliche: Es gibt einen sehr niedrigen Anteil nicht-österreichischer Staatsangehöriger. Der Anteil beträgt gerade einmal drei Prozent. Der Zusammenhang ist nicht zwingend (geschweige denn direkt), jedoch immer wieder feststellbar. Als Präsidentschaftskandidat hat Norbert Hofer 2016 seine größten Erfolge etwa dort erzielt, wo die wenigsten Migranten leben (vgl. Bericht dazu).

Das Sozialforschungsinstitut SORA hat in zahlreichen Befragungen festgestellt, dass unmittelbare Erfahrung die persönliche Einstellung prägt. Und zwar positiv. So wird das Zusammenleben mit Flüchtlingen eher dort als gut bezeichnet, wo welche leben. Salopp formuliert: Man lernt sie kennen und unter Umständen erst dadurch schätzen, jedenfalls aber als Teil der eigenen Welt betrachten. Wenn sie dagegen fremd bleiben, weil es so wenige gibt, dass sie im Alltag fast unsichtbar sind, ist das schwerer möglich. Dann werden eher nur Probleme gesehen.

Verstärkt werden könnte das Ganze dadurch: Waidhofen an der Thaya zählt zu den Bezirken mit dem größten Bevölkerungsrückgang österreichweit. Seit 2002 ist die Zahl der Einwohner um neun Prozent auf 25.511 (2022) gesunken. Das macht etwas. Es ist nicht dazu angetan, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Im Gegenteil.

Hier kann eine Partei punkten, die Fremde als Bedrohung darstellt und allgemeine Verschlechterungen suggeriert. Aus Waidhofen an der Thaya kommt der freiheitliche Landesrat Gottfried Waldhäusl.

Auf die Frage, was wäre, wenn sich die Asylpolitik seiner Partei längst durchgesetzt hätte, erklärte er auf Puls 4 in einem Studio mit Jugendlichen in der Bundeshauptstadt: „Dann wäre Wien noch Wien.“ Gegenüber der APA bekräftigte er das nun, äußerte wörtlich „Angst, dass meine Enkelkinder einmal unsere Heimat Österreich mit der Waffe verteidigen müssen“ und sprach sich gegen „illegale Massenzuwanderung“ etwa aus der Türkei, aus Syrien und Afghanistan aus.

Abgesehen davon, dass es seit Jahren und in jüngster Zeit netto, also abzüglich Abwanderung, de facto keine Zuwanderung mehr aus der Türkei und vorübergehend auch aus Afghanistan gibt, dreht hier einer, der sich nach einem „christlichen Abendland“ ohne Ausländer sehnt, an der Eskalationsschraube. Die „Angst“, dass die Heimat mit der Waffe verteidigt werden müsse, kann auch als Code für einen Bürgerkrieg verstanden werden. „Bürgerkrieg“ ist ein Begriff, mit dem etwa schon Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ausdrücklich gearbeitet hat in Verbindung mit Migration. Damit gehen zwei Ziele einher: Zum einen soll maximale Abwehrhaltung geschürt werden, zum anderen soll der Politik dazu alles erlaubt werden. Nicht zuletzt etwa, Menschenrechte aufzukündigen und eine „Festung Österreich“ zu errichten, die im Falle des Falles mit allen Mitteln verteidigt wird.

Bei Waldhäusl überrascht das alles nicht einmal. Gottfried Waldhäusl darf bis heute „Asyllandesrat“ in Niederösterreich sein, obwohl er mitten in der Pandemie, als der Begriff klar besetzt war, eine „Triage im Asylbereich forderte“; oder obwohl er minderjährige Flüchtlinge in einem förmlichen Straflager bei Drasenhofen unterbringen ließ, das vom dortigen Bürgermeister als „Schande für Österreich“ bezeichnet wurde. Der Landtag hätte ihn jederzeit abberufen können.* Die ÖVP hätte aufgrund ihrer absoluten Mehrheit halt dabei sein müssen. In der letzten Elefantenrunde vor der jüngsten Wahl attestierte ihm Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner jedoch, in seinem Ressort einen ordentlichen Job zu machen.

* Korrektur: Eine Abberufung durch den Landtag ist grundsätzlich möglich. Aber: Die Fraktion des Landesregierungsmitgliedes muss ihr mehrheitlich zustimmen. Das in Artikel 39 der nö. Landesverfassung so geregelt.

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