KOMMENTAR. Ausgerechnet in der entscheidenden Phase des Bundespräsidentschaftswahlkampfes soll die Asyl-Notstandsverordnung auf der politischen Agenda stehen.
„Anfang September findet noch ein Gespräch auf der Ebene der Innen- und Verteidigungsminister zwischen Österreich und Ungarn statt“, verriet Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am vergangenen Wochenende der Austria Presseagentur (APA): „Dort müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Verordnung umsetzen zu können und Menschen auch nach Ungarn zurückzubringen. Wenn das gelingt, halte ich den Ministerrat am 6. September für ein gutes Datum, um den fertigen Text in Begutachtung zu schicken.“
Gemeint ist das, was Sozialdemokraten als Sonderverordnung bezeichnen, wofür jedoch das Wort Notstandsverordnung gebräuchlicher ist. Aus gutem Grund: Sobald eine Asylobergrenze von 37.500 Fällen im heurigen Jahr erreicht ist, soll eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung festgestellt werden; das wiederum soll das Argument dafür sein, Flüchtlingen den Zugang zu Österreich zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.
Soweit die nüchterne Darstellung. In der Praxis wird die Vorgehensweise bedeuten, dass die Regierung zunächst eine Art Ausnahmezustand attestieren muss. Und da wird immer Unruhe, ja Unsicherheit mitschwingen. Womit die Regierung selbst den Eindruck erweckt, nicht mehr für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher garantieren zu können, also überfordert zu sein.
Unsicherheit treibt erfahrungsgemäß die Umfragewerte der Blauen in die Höhe; und nicht etwa die der Roten, Schwarzen oder gar der Grünen.
Große Sympathiebekundungen werden SPÖ und ÖVP da wohl kaum erfahren. Im Gegenteil: Das Ganze hat das Zeug, zu einem FPÖ-Unterstützungsprogramm zu werden. Unsicherheit treibt erfahrungsgemäß die Umfragewerte der Blauen in die Höhe; und nicht etwa die der Roten, Schwarzen oder gar der Grünen.
Vor diesem Hintergrund sind die Regierungsparteien dabei, im September einen Wahlkampf für den freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer zu betreiben: Wenn die Verordnung am 6. September in Begutachtung ausgeschickt werden soll, bedeutet das, dass in den folgenden Wochen vor allem darüber diskutiert werden wird. Gerade passend (für Hofer) zum Urnengang am 2. Oktober also.
Besonders aus Sicht der Sozialdemokratie ist dieses Timing bemerkenswert: Immerhin hat sie daneben ja auch schon erklärt, Hofers Gegenkandidaten Alexander Van der Bellen zumindest organisatorisch helfen zu wollen; etwa, indem sie Plakatständer zur Verfügung stellt. Aufgrund der Notstandsdebatte, die sie auf der anderen Seite zu Hofers Gunsten mit befeuert, könnte sie sich das jedoch sparen.