ZAHLEN ZUM TAG. Auch in Wien hat die ÖVP unter Sebastian Kurz von der FPÖ-Ibiza-Krise profitiert. Das fällt jetzt weg.
Für ÖVP-Verluste bei Wahlen hat es zuletzt viele Gründe gegeben. Ein wesentlicher ist, dass die Partei besonders 2019, 2020 österreichweit von einem doppelten Effekt profitierte, der mit ihrem damaligen Chef Sebastian Kurz zusammenhing: Mit seiner Migrationspolitik hat er (potenzielle) FPÖ-Wähler umworben. Und zwar durchaus erfolgreich.
Verstärkt hat sich das, als er nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos die Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ aufkündigte, ihr Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache zurücktrat und sie in eine tiefe Krise stürzte. Da wählte ein Teil der enttäuschten Blauen türkis.
Das wird sich für die ÖVP nun auch bei der Wiener Gemeinderatswahl umdrehen: 2020 konnte sie ihren Stimmenanteil auf etwas mehr als 20 Prozent verdoppeln. Ein Drittel aller Stimmen, die sie erzielte, kam von enttäuschten Blauen: Laut „Foresight“-Analyse wählten von FPÖ-Wählern des Jahres 2015 mit 49.000 sogar etwas mehr türkis als blau (48.000). Nebeneffekt: Die FPÖ stürzte von über 30 auf sieben Prozent ab.
Für die ÖVP kann das jetzt nicht gut ausgehen: Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, während die FPÖ ihre Krise überwunden hat. Sprich: Viele Wähler werden wieder zu ihr zurückwandern, wie sie es etwa schon bei der Nationalratswahl getan haben.
Andere Parteien werden von der Papierform her glimpflich davonkommen. Die SPÖ hat 2020 – gemessen an den FPÖ-Verlusten – nur relativ leicht zugelegt. Außerdem kam nicht einmal ein Zehntel ihrer Stimmen von enttäuschten Blauen. Das ist ein wesentlich geringerer Anteil als im Falle der Volkspartei.