Von rechts aus gesehen rücken Städte nach links

ANALYSE. In urbanen Räumen entwickeln sich die Dinge für Sozialdemokraten, Grüne und Neos grundsätzlich gar nicht so schlecht. Wie man auch bei der niederösterreichischen Landtagswahl erkennt.

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ANALYSE. In urbanen Räumen entwickeln sich die Dinge für Sozialdemokraten, Grüne und Neos grundsätzlich gar nicht so schlecht. Wie man auch bei der niederösterreichischen Landtagswahl erkennt.

Von Wahl zu Wahl verfestigt sich ein Bild: In urbanen Räumen sind Kandidaten und summa summarum auch Parteien erfolgreich, denen man das nicht unbedingt so deutlich zugetraut hätte. Beispiel 1: Bei der Bundespräsidenten-Wahl holte der ehemalige Grünen-Chef Alexander Van der Bellen bundesweit 53,8 Prozent. In Wien schaffte er jedoch 65,7 Prozent, In Innsbruck 65,4 Prozent und in Dornbirn, der größten Stadt Vorarlbergs, 61,4 Prozent. Beispiel 2: Bei der Nationalratswahl hat die SPÖ bundesweit kaum zugelegt (plus 0,1 Prozentpunkt). In Bregenz war sie mit 26,6 Prozent bzw. plus 5,2 Prozentpunkten jedoch fast so gut unterwegs wie die Neues Volkspartei (27,2 Prozent bzw. plus 6,8 Prozentpunkte). In Graz konnte sie ihren Stimmenanteil um die Hälfte auf 27,4 Prozent ausweiten. Was sie natürlich auch zu einem erheblichen Teil den Grünen-Verlusten zu verdanken hatte.

Was bleibt ist jedoch dies: Urbanen Räumen haben rechtspopulistische Parteien und Kandidaten ihren Aufstieg nicht zu verdanken. Im Gegenteil, dort finden eher Angebote der Mitte und der linken Seite sehr günstige Rahmenbedingungen vor. Das hat sich jetzt auch bei der niederösterreichischen Landtagswahl gezeigt: Südlich von Wien leben eher bürgerliche Menschen, die (statistisch gesehen) besser verdienen als die übrigen Österreicher; Menschen, die von der Großstadt geprägt sind und im Alltag auch profitieren.

Beispiel Mödling: Die ÖVP verlor fast vier Prozentpunkte, die SPÖ konnte um mehr als die Hälfte zulegen.

Spannend ist, dass dort etwas anders gewählt worden ist als in Niederösterreich insgesamt. Beispiel Mödling: Die ÖVP verlor fast vier Prozentpunkte und erreichte 40,5 Prozent. Die SPÖ konnte um mehr als die Hälfte auf 22,5 Prozent zulegen. Den Grünen gelang es, auf „nur“ 15,3 Prozent zu verlieren; was bedeute, dass ihnen fast jeder sechste Wahlberechtigte, der auch eine gültige Stimme abgegeben hat, trotz ihrer Krisen und der Unsicherheit, ob sie überhaupt im Landtag verbleiben, seine Stimme gegeben hat. Das ist bemerkenswert. Wie es auch die 11,5 Prozent für die NEOS sind – und natürlich auch der Umstand, dass die FPÖ zwar zulegen konnte, mit 9,9 Prozent aber nur die fünfstärkste Partei in der 20.000-Einwohner-Stadt Mödling geworden ist.

Natürlich reicht es nicht, z.B. SPÖ in einem urbanen Raum zu sein, um eine rosige Zukunft vor sich zu haben. Man muss sich schon auch entsprechend positionieren. Was unter dem künftigen Vorsitzenden Michael Ludwig besonders in Wien spannend wird: Schafft er es, den unterschiedlichen Welten der Menschen in den Flächen- und den zentrumsahen Bezirken gerecht zu werden, die zahlenmäßig beide zunehmen? Man wird es sehen.

Die urbanen Räume wachsen jedenfalls österreichweit. In den Landeshauptstädten und den Bezirken, die sie umgeben, lebten 2012 rund vier Millionen Menschen. Gleich viele, wie im übrigen Land. Heute jedoch zählen Wien und Co. bereits um eine halbe Million mehr Einwohner (wie hier ausgeführt). Und damit wächst im Laufe der Zeit auch ihr Einfluss auf die politsichen Mehrheitsverhältnisse. 

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