Türkise Stadt-, grüne Landkrise

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BERICHT. Eine Auswertung zur Europawahl zeigt, wo Parteien besser und wo sie zum Teil sogar katastrophal abschneiden für ihre Verhältnisse.

Das städtische und das ländliche Österreich ticken politisch sehr unterschiedlich. Das ist bekannt und zeigt sich jetzt auch bei den Europawahlergebnissen. Das Sozialforschungsinstitut „Foresight“ hat im Auftrag des ORF eine Auswertung dazu vorgenommen. Mit Abstand am stärksten machen sich die Unterschiede für ÖVP und Grüne bemerkbar. Türkise haben ein riesiges Problem in den Städten, Grüne auf dem Land.

„Foresight“-Chef Christoph Hofinger und seine Mitarbeiter:innen haben die „Urban-Rural-Typologie“ der Statistik Austria für ihre Auswertung herangezogen. Das urbane Österreich beschränkt sich demnach nicht auf die Großstadt Wien sowie größere Städte wie Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck. Dazu gehören etwa auch der Süden von Wien, Eisenstadt und die meisten Gemeinden im Vorarlberger Rheintal. In Summe sind hier am 9. Juni 1,6 Millionen gültige Stimmen zusammengekommen. Was nicht urban ist, ist ländlich. Darauf sind mit 1,8 Millionen Stimmen interessanterweise kaum mehr entfallen.

Nach einer Zuordnung sämtlicher Gemeinden und der dortigen Wahlergebnisse nach dieser Typologie ergeben sich folgende Werte, die eindrucksvoll zeigen, wie sehr sich Stadt und Land unterscheiden. Und wo einzelne Parteien gut oder zum Teil sogar katastrophal abschneiden für ihre Verhältnisse.

Im ländlichen Österreich konnte sich die ÖVP mit 30,3 Prozent auf Platz eins halten, vor der FPÖ (28,7) und auch vor der SPÖ (20,7 Prozent). Ihre Krise ist jedoch die Stadt: Hier musste sie sich mit 18,5 Prozent bzw. Platz drei hinter SPÖ (26,1) und FPÖ (22,5 Prozent) begnügen.

Umgekehrt ist es vor allem bei den Grünen: Sie sind im urbanen Österreich mit 14,3 Prozent ungefähr doppelt so stark wie am Land gewesen, wo sie mit 7,6 Prozent relativ schwach abgeschnitten haben. Bei Neos war dieser Unterschied mit 12,3 bzw. 7,9 Prozent etwas weniger groß.

Was heißt das für die Europawahl? Für die ÖVP zum Beispiel, dass sie sich abseits ihrer Anti-Klimapolitik etwas einfallen lassen muss, um in Städten, wo derlei eher abstoßend wirken dürfte, nicht gar so schlecht abzuschneiden. Platz eins wird so jedenfalls schwer bis unmöglich.

Die FPÖ ist über die Jahre vor allem im ländlichen Raum stärker geworden, schneidet in den Städten aber noch immer passabel ab. Das macht sie schwer schlagbar.

Die SPÖ mag in den Städten vorne liegen, aber halt nur bei 26,1 Prozent. Hier machen ihr vor allem Grüne und Neos zu schaffen, die hier bei der Europawahl mit 26,6 Prozent zusammen sogar etwas mehr erreichten. Für sie (Grüne und Neos) bleibt der urbane Raum ein Chancenraum. Allerdings: Gerade hier sind neue Angebote wie die Bierpartei potenziell nicht ungefährlich für sie. Und vor allem haben sie daneben eben diese Landschwäche, die in Relation eben besonders bei den Grünen groß ist: Unter anderem scheint es so zu sein, dass sie, wie die ÖVP mit Anti-Klimapolitik die Städte, mit Klimapolitik das ländliche Österreich eher gegen sich haben.

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