Türkise ÖVP, niederösterreichische ÖVP

ANALYSE. Sebastian Kurz wird seine Politik künftig noch stärker mit St. Pölten abstimmen müssen; dieser parteiinterne Machtfaktor hat schließlich zugelegt.

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ANALYSE. Sebastian Kurz wird seine Politik künftig noch stärker mit St. Pölten abstimmen müssen; dieser parteiinterne Machtfaktor hat schließlich zugelegt.

Unterm Strich ist das Ergebnis der niederösterreichischen Landtagswahl für ÖVP-Bundesobmann Sebastian Kurz natürlich gut: Seine Koalition hat seiner Parteifreundin Johanna Mikl-Leitner nicht geschadet. Im Gegenteil, es ist eher so, wie die Tageszeitung „Die Presse“ getitelt hat: „Genosse Trend bleibt türkis-blau“. Man sollte bei alledem jedoch vorsichtig bleiben: Wie viel Bundes- und Landespolitik im Ergebnis steckt, ist schwer zu sagen: Auffallend ist, dass die Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl um fast 20 Prozentpunkte niedriger war als bei der Nationalratswahl in Niederösterreich drei Monate zuvor (66,5 zu 84,8 Prozent). Dass die ÖVP bei der Landtagswahl einmal mehr einen viel höheren Stimmenanteil erzielte (49,6 zu 35,8 Prozent). Und so weiter und so fort.

Ein Stück weit kann sich Kurz abgesehen davon auch persönlich mit „Hanni“ Mikl-Leitner freuen, wie er sie nennt: Sie haben eine sehr enge Beziehung. Er ist einst quasi bei ihr in die bundespolitische Schule gegangen, sie schätzen einander – und sie unterstützen einander gegenseitig. Das ist eine Basis, die nicht so schnell verschwindet.

Und trotzdem kann man nach dieser Landtagswahl eines nicht übersehen, was jetzt weniger mit den handelnden Personen zu tun hat: Die ÖVP-internen Machtverhältnisse haben sich weiter zugunsten Niederösterreichs verschoben. Ein Stück weit hat Mikl-Leitner das ja selbst zum Ausdruck gebracht: Indem sie zu ihrem Wahlziel erklärte, sich an den stärksten übrigen Landesparteien zu orientieren, wird einem im Nachhinein erst so richtig bewusst, wie schwach diese im Vergleich eigentlich sind.

Am stärksten noch ist die Vorarlberger ÖVP, die bei der Landtagswahl 2014 exakt 41,79 Prozent erreicht hat. Und die laut einer aktuellen VN-Umfrage weit davon entfernt ist, wieder zu absoluten Mehrheiten wie in der Vergangenheit zurückzukehren. Bei den Tirolern, die sich demnächst einer Wahl stellen müssen, ist das ähnlich. Die Salzburger können bei ihrem Urnengang im Frühjahr zwar mit Zugewinnen rechnen, aber relativ gesehen werden halt auch sie zu keiner Bastion werden können. Weil Niederösterreich halt auch grundsätzlich sehr, sehr groß und bevölkerungsreich ist.

Die SPÖ-nahe Gesellschaft für Politikberatung hat erhoben, wie viele Politiker nach Parteien und Bundesländern es in Österreich gibt. Ergebnis für die Volkspartei: Von den insgesamt 18.137 Gemeinderäten, Bürgermeistern, Landtagsabgeordneten, National- und Bundesräten sowie Regierungsmitgliedern kommen mit 6532 mehr als ein Drittel aus Niederösterreich. Das ist Stand 2016, weil die allermeisten aber auf örtlicher Ebene tätig sind und sich dort nicht viel geändert hat, dürfte das nach wie vor aktuell sein.

Sebastian Kurz weiß das alles natürlich viel besser: Er kennt seine Partei wie nur wenige andere. Das hat er an den Bedingungen zum Ausdruck gebracht, die er im vergangenen Jahr vor der Vorsitzübernahme definiert hat. Umso mehr und in Zukunft wohl noch stärker wird er daher den Faktor „St. Pölten“ berücksichtigen: Indem er zum Beispiel seine Politik bis ins letzte Detail hinein abstimmt. Mit „St. Pölten“ ist im Fall des Falles nämlich nicht zu spaßen. Wie man aus der Vergangenheit weiß.

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