Stunde der Neos

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ANALYSE. Österreich braucht eine Kontrollpartei, wie schon lange nicht mehr. Und überhaupt: Nachdem ÖVP und Grüne darauf vergessen haben, muss jemand auf die Pensionssicherung hinweisen.

Die türkis-grüne Regierungsbildung beginnt für die Neos gleich einmal mit einer schlechten Nachricht: Sie könnten auf große Förderer wohl ganz verzichten müssen. Nachdem im vergangenen Jahr bereits große Parteispenden verboten worden sind, könnte nun eine Umgehungsmöglichkeit unterbunden werden, die die Neos gewählt haben; und zwar dadurch, dass sie neben gewöhnlichen Mitgliedern mit einem Jahresbeitrag von 90 Euro in den Statuten auch fördernde Mitglieder vorgesehen haben, die durchaus viel mehr überweisen dürfen. Im Regierungsprogramm steht wörtlich: „Klarstellung: Über rechtlich verbindlich festgelegte Mitgliedsbeiträge hinausgehende Zuwendungen des einzelnen Mitglieds werden als Spende behandelt.“

Abgesehen davon aber ist Türkis-Grün für die Neos Chance und Verantwortung zugleich: Sie sind im Moment die einzige Oppositionspartei, die nicht eher nur mit sich selbst beschäftigt ist; und eine wirkungsvolle Opposition ist trotz aller Transparenzpläne von ÖVP und Grünen nötig, wie schon lange nicht mehr.

Grund eins: Die ÖVP braucht ein Gegengewicht, sie ist sehr viel mächtiger geworden. So verantwortet sie den gesamten Sicherheitsbereich, also das Innen- und das Verteidigungsministerium, die Geheimdienste und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Letzteres ist ein eindrucksvolles Stichwort: Ex-Innenminister Herbert Kickl hat durch seine stümperhafte Umfärbungsversuche zumindest dazu beigetragen, dass ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde; und in diesem wurde wiederum sichtbar, dass das BVT in Teilen eine ungewöhnliche Nähe zur niederösterreichischen ÖVP aufweist. Übergangsinnenminister Wolfgang Peschorn hat wiederum berichtet, dass er im Ressort auf „schwarze, blaue und vielleicht auch andere Netzwerke“ gestoßen sei. Ob sie nun aufgelöst werden? Schwer zu glauben. Kontrolle wäre besser.

Grund zwei dafür, dass die Neos als Oppositionspartei sehr gefordert sein werden: So beachtlich die türkis-grünen Pläne zur Korruptionsbekämpfung bzw. zur Ausweitung von Transparenzbestimmungen und Kontrollmöglichkeiten des Rechnungshofes sind, so unterbelichtet sind einzelne Themen. Am bemerkenswertesten ist das wohl bei der Pensionssicherung. Sie ist gerade in den kommenden Jahren, wenn sich die vielen Babyboomer zur Ruhe setzen, gefordert. Der Anteil der Personen ab 65 wird allein bis 2030 um ein Viertel steigen. Im Regierungsprogramm ist jedoch nichts Konkretes dazu vorgesehen. Und das liegt nicht nur daran, dass dem Thema bloß drei von insgesamt mehr als 300 Seiten gewidmet sind. Es steht ganz offensichtlich nicht auf der Agenda.

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