Sprenghilfe in Stellung

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ANALYSE. Trotz allem, was vorliegt, ist ausgerechnet Wolfgang Sobotka Vorsitzender des ÖVP-U-Ausschusses. Über das, was folgen könnte, sollte man sich nicht wundern.

Geschichte wiederholt sich nicht? Am 7. Mai 2017 zitierte die Tageszeitung „Kurier“ den damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit den Worten, für Kanzler Christian Kern (SPÖ) sei „der Zug abgefahren“. Aus heutiger Sicht klingt das vielleicht unspektakulär. Man muss sich jedoch Folgendes in Erinnerung rufen: An jenem Tag hieß der ÖVP-Chef noch nicht Sebastian Kurz. Vizekanzler Reinhold Mittlehner (ÖVP) sollte diese Funktion erst am 10. Mai abgeben – wegen Leuten wie Sobotka entnervt, die nichts anderes im Sinn hatten, als das „Projekt Ballhausplatz“ voranzutreiben und in einem ersten Schritt die Große Koalition zu sprengen.

Geschichte wiederholt sich nie eins zu eins. Gewisse Ähnlichkeiten sind jedoch möglich: Ausgerechnet Wolfgang Sobotka, mittlerweile Nationalratspräsidenten mit so schlechten Persönlichkeitswerten, dass selbst FPÖ-Chef Herbert Kickl Respekt zollen könnte, hat die Absicht, den Untersuchungsausschuss zu schwarz-türkisen Korruptionsaffären weiterzuführen (die erste Sitzung, bei der es mit Befragungen zur Sache geht, findet Anfang März statt).

Das ist aus zwei Grünen bemerkenswert: Sobotka ist entgegen anderslautender Darstellungen nicht verpflichtet, den Vorsitz zu führen. Laut Verfahrensordnung kann er sich ausdrücklich vertreten lassen; und zwar durch die zweite Nationalratspräsidentin oder den dritten -präsidenten, also durch Doris Bures (SPÖ) oder Norbert Hofer (FPÖ).

Außerdem: Sobotka hätte starke Gründe, das zu tun. Er ist nicht nur als namhaftes ÖVP-Mitglied befangen, sondern läuft auch persönlich immer wieder Gefahr, das zu sein. Stärker noch als im letzten Ausschuss, in dem es unter anderem um die Unterstützung des von ihm gegründeten Alois-Mock-Instituts durch den Glücksspielkonzern „Novomatic“ ging. Chats, die „Der Standard“ und „zackzack.at“ veröffentlicht haben, legen den Verdacht nahe, dass er sich als Innenminister um Postenbesetzungen bemühte. Bewiesen ist nichts, politisch ist bereits der Anschein zu viel.

Der Vorsitzführung durch Sobotka kommt mehr und mehr jedoch eine doppelte Brisanz zu: Es geht nicht nur um die eigene Verteidigung sowie die Aufrechterhaltung des vermeintlichen Glanzes der Sebastian-Kurz-Zeit. Es geht zunehmend um Schadensbegrenzung für die niederösterreichische ÖVP. Sie muss sich spätestens in einem Jahr einer Landtagswahl stellen, derzeit aber in einen ziemlich großen Abgrund blicken.

Die impfgegnerische MFG hat ihr bei der Gemeinderatswahl in Waidhofen an der Ybbs zugesetzt, das ist für sie mittelfristig auch auf Landesebene eine ernstzunehmende Bedrohung (zumindest der absoluten Mandatsmehrheit). Und dann sind jetzt ausgerechnet auch noch Chats von Landeshauptfrau Mikl-Leitner (ÖVP) bekanntgeworden, die ob ihrer Wortwahl („Rote bleiben Gsindl“) die bewährte „Miteinander“-Inszenierung zerstören. Ob mehr kommen könnte? Möglich. Zumindest für Oppositionsvertreter im U-Ausschuss ist es eine Aufforderung, Niederösterreich genauer auszuleuchten.

Vorsitzender ebendort: Wie gesagt Wolfgang Sobotka. Der Niederösterreicher ist auch zur Absicherung seiner eigenen Karriere gut beraten, zunehmend eher Mikl-Leitner als Karl Nehammer zu dienen. Die Bundes-ÖVP scheint verloren, die 37,5 Prozent, die Sebastian Kurz vor zweieinhalb Jahren geholt hat, sind nicht annähernd zu verteidigen. Das ist hoffnungslos. Aus niederösterreichischer Sicht spricht einiges dafür, das würde sich im Rahmen eines Nationalratswahl ehebaldigst klären. Dann wäre das Drama ebenso wie der bedrohliche U-Ausschuss erledigt. Und dann könnte man eher mit weniger Ballast in die ohnehin schon schwierige Landtagswahl ziehen.

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