So demokratisch ist die Liste Pilz

ANALYSE. Selten hat eine Partei derart offen Prinzipien wie das freie Mandat angegriffen. Und das ist nur ein Beispiel.

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ANALYSE. Selten hat eine Partei derart offen Prinzipien wie das freie Mandat angegriffen. Und das ist nur ein Beispiel.

Es ist nicht egal, wie Parteien organisiert sind; sie sind wesentliche Säulen der repräsentativen Demokratie. Und daher gibt es in Deutschland auch eine sehr unmissverständliche Bestimmung dazu im Grundgesetz (Artikel 21): „Ihre innere Organisation muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.“

In Österreich mag es keine so deutliche Verfassungsbestimmung geben, das Prinzip muss aber ebenfalls gelten: „Österreich ist eine demokratische Republik“, lautet B-VG-Artikel 1 schießlich. Und weil das Recht in der Regel halt nur alle paar Jahre mehr oder weniger direkt vom Volk ausgeht und dazwischen – über das Parlament – von Parteien bzw. deren Fraktionen, ist es auch hierzulande wichtig, dass ihre innere Organisation demokratischen Grundsätzen entspricht.

In der Realverfassung mögen die einen Parteien autoritärer geführt sein als die anderen. Zumindest der Schein wird jedoch meist gewahrt. Die Liste Pilz tut nicht einmal das.

Beispiel 1: Sie tritt das freie Mandat mit Füßen. Die Mitglieder des Nationalrats sind laut Verfassung (Artikel 56) „bei der Ausübung ihres Berufes an keinen Auftrag gebunden“. Abgesehen davon, dass subtile Formen des „Klubzwangs“ überall gang und gäbe sind: Bei der Liste Pilz wird, wie der Fall Bißmann zeigt, sogar vorausgesetzt, dass Mandatarinnen auf Zuruf ihr Mandat aufgeben. Tun sie das nicht, wird öffentlich mit ihnen abgerechnet.

Beispiel 2: Die Liste Pilz ist stolz darauf, kaum Mitglieder zu haben (laut „Die Presse“ sind es neun). Das ist insofern bemerkenswert, als im Sinne der internen Demokratie Mitgliederversammlungen bzw. Parteitage bei allen Parteien das oberste Organ darstellen; dort fallen Grundsatzentscheidungen, dort wird der Vorsitzende gewählt oder abgewählt. Will eine Partei nicht einmal Mitglieder haben, ist das so gesehen entlarvend.

Beispiel 3: In den Liste Pilz-Satzungen steht unter dem Stichwort „Organe“ der Partei der Vorstand vor der Mitgliederversammlung. Das ist eine bezeichnende Feinheit. Bei ÖVP, SPÖ und FPÖ (z.B.) ist der Bundesparteitag vorangesetzt. Wie es sich formal gehört.

Wie auch Beispiel 4 bezeichnend ist: Der Vorstand besteht bei der Liste Pilz lediglich aus drei Mitgliedern – „aus dem Obmann, seinem Stellvertreter und dem Finanzreferenten“. Was den Obmann naturgemäß stärkt. Und wohl auch im Sinne des Erfinders Peter Pilz ist, wie sich schon beim Namen „Liste Pilz“, viel mehr aber noch den gegenwärtigen Querelen zeigt; die Partei sollte demnach auch organsatorisch allein auf ihn ausgerichtet sein.

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