ANALYSE. Für die SPÖ-Chefin wird es schwer, die Zeit bis zu einer Kanzlerkandidatur zu überbrücken. Weder Parteiführung noch Opposition liegen ihr.
„Wo ist die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner?“ ist ein ziemlich langweiliger Titel. So oder so ähnlich ist er schon überall gestanden. Wiederholt. Und das gerade einmal zweieinhalb Monate nach ihrer Wahl. Klar: Rendi-Wagner hat einen schwierigen Job; Sozialdemokratin sein ist im Übrigen auch nicht gerade „in“.
Sie selbst leistet aber zu viele Beiträge zu ihrem Schicksal. Die Absage, nicht auf den Tiroler Landesparteitag am 2. März zu fahren, ist ein solcher. Gerade für eine neue Bundesparteivorsitzende und gerade in so unangenehmen Zeiten wie diesen ist das ein Pflichttermin. Da kann es keine „terminliche Verhinderung“ geben. Die Genossen bräuchten mehr denn je eine Person an der Spitze, die sie aufrichtet. In Abwesenheit ist das jedoch unmöglich. Da wird die Hoffnungslosigkeit, um nicht zu sagen die Depression an der Basis eher verschärft.
Rendi-Wagner legt also keinen gesteigerten Wert auf ein gutes Einvernehmen mit den Landesorganisationen.
Bemerkenswert ist außerdem, dass Rendi-Wagner mit der Absage zum Ausdruck bringt, dass sie keinen gesteigerten Wert auf ein gutes Einvernehmen mit Landesparteiorganisationen legt. Die Tiroler mag klein sein und mit Georg Dornauer einen Vorsitzenden bekommen, über den man streiten kann. Rendi-Wagner bräuchte sie jedoch: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat mehr als ein Mal gezeigt, dass er nicht gerade viel von ihr hält. In seinem Fall gilt: Freund, Feind, Parteifreund. Ähnlich verhält es sich beim designierten burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Und ausgerechnet er wird Rendi-Wagner nun auf dem Tiroler Parteitag vertreten. Sprich: Sie überlässt einem Gegenspieler, der im Unterschied zu ihr kein größeres Problem mit schwarz-blauer Politik hat, das Feld. Das ist eher unverzeihlich.
Womit wir bei der Oppositionspolitik angekommen wären: Wenn man die Performance von Rendi-Wagner bewerten will, sollte man immer beachten, dass es nicht einfach ist für sie. Die Regierung agiert alles in allem sehr populär und verfügt eigentlich immer über die Themenhoheit. Rendi-Wagner sollte sich dagegen positionieren, aber nicht destruktiv rüberkommen; dann wäre sie eine beschädigte Kanzlerkandidatin. Das ist eine Gratwanderung.
Auf parlamentarischer Ebene tut sie sich extrem schwer; da bleibt nichts hängen bei den Leuten draußen.
Aber dieses Dilemma ist von allem Anfang an absehbar gewesen. Hinzugekommen ist die Erkenntnis, dass sich Rendi-Wagner auf parlamentarischer Ebene extrem schwer tut gegenüber Regierungsvertretern. Mit ihrem Hinweis auf einen Ärztemangel kommt sie ebenso wenig durch wie mit ihrer Kritik an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ); da bleibt nichts hängen bei den Leuten draußen. Andere Themen, die sie selbst betrieben hat, wie die Wohnkosten, scheint Rendi-Wagner wieder zu vergessen; da ist nichts mehr.
Nicht auszuschließen, dass sie sich als Kanzlerin sehr gut machen würde. Aber das ist in den nächsten zwei, drei Jahren kein Thema. Und das ist bedrohlich lange für sie, wenn man bedenkt, dass ihr die gegenwärtigen Aufgaben offenbar nicht liegen und mit der EU-Wahl Ende Mai bereits eine erste Testwahl bevorsteht.
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