ANALYSE. Freiheitliche rücken bundesweit mehr und mehr nach rechts. Damit bekommen auch Schwarz-Türkise Erklärungsbedarf, nicht zuletzt in Oberösterreich.
Die „Kleine Zeitung“ schreibt von einem „menschenverachtenden, unterirdischen Plakat“, das auf den Straßen der steirischen Landeshauptstadt im Hinblick auf die dortige Gemeinderatswahl am 26. September zu sehen ist: Zu erkennen sind Frauen und Männer, es handelt sich im Flüchtlinge 2015 in Ungarn. Text: „Graz ist nicht Eure Heimat – Mario Eustacchio, Bürgermeister-Stv.“
Es ist offensichtlich: Wenn es – zum Leidwesen vieler Grüner – schon einmal Regierungskurs ist, keine gefährdeten Menschen aus Afghanistan aufzunehmen, glauben Freiheitliche nachschärfen zu müssen. Das ist „ihr“ Thema, da wollen sie die extremste Position einnehmen, um sich bei den Wählern zumindest einigermaßen behaupten zu können. Umso mehr, als sie sich seit „Ibiza“ so schwer damit tun.
FPÖ-Chef Herbst Kickl bringt das auf Bundesebene zum Ausdruck. In seinem Fall hat sich die ÖVP von Sebastian Kurz entschlossen, ihn politisch auszugrenzen. Mit Erfolg: Allgemeine Überzeugung ist es, dass sich die Freiheitlichen unter seiner Führung ins Out begeben haben; dass sie mit ihm zu keiner Regierungsbeteiligung mehr kommen werden.
Zunehmend müssen sich Schwarz-Türkise aber die Frage stellen lassen, ob es ihnen da nur um einen strategischen Schachzug geht, der allein auf die Person von Kickl bezogen ist, oder ob es ihnen schon auch um die Sache geht: Was Mario Eustacchio in Graz liefert, ist Kickl radikal. ÖVP-Bürgermeister Siegried Nagl hat aber nichts anderes zu tun, als dieser Tage in einem Brief an die Stadtbewohner vor einer rot-grün-roten Führung (bestehend aus KPÖ, Grünen und SPÖ) zu warnen. Womit alles in allem der Eindruck entsteht, dass ihm selbst diese Blauen allemal lieber sind als ein solches Linksbündnis.
Auch in Oberösterreich hat ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer immer mehr Erklärungsbedarf: Die Kickl-FPÖ schließt er aus, mit den Freiheitlichen von LH-Stellvertreter Manfred Haimbuchner will er jedoch kein Problem haben, wie er selbst betont.
Natürlich: Es gibt Unterschiede zwischen den beiden, doch Haimbuchner ist ebenfalls dabei, seinen Kurz zu verschärfen. Er, der mit Corona auf der Intensivstation lag, relativiert die Wirkung von Impfungen („nicht der Gamechanger“) neuerdings nicht zufällig; vor wenigen Wochen hat er sich noch ganz andres geäußert, hat er sich sogar eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal vorstellen können: Seiner Partei machen Impfgegner zu schaffen, die als MFG bei der Landtagswahl Ende September antreten und laut einer Umfrage sogar die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Regionalparlament überspringen könnten. Also versucht Haimbuchner, ihnen Wind aus den Segeln zu nehmen – und dafür setzt er ausgerechnet auf tatkräftige Hilfe durch Kickl: Unter dem Titel „Freiheits-Tour“ lädt er mit diesem zu einer Großveranstaltung in der Rieder Messehalle, in der bis zu 3000 Personen Platz haben.
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