ANALYSE. Wallners Photoshop: Auch ein gewisser Hinweis für Medien, dass sie die Bildberichterstattung nicht staatlichen Stellen und damit letztlich Politikern überlassen sollten.
„Es ist ein Tauerspiel für den österreichischen Journalismus“, twitterte „Der Standard“-Fotograf Matthias Cremer am 9. April: „Einer der größten Auslandsbesuche der Republik und KEIN EINZIGER PRESSEFOTOGRAF DABEI.“ Dass es trotzdem Fotos von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und den übrigen Delegationsmitgliedern aus Peking und anderen chinesischen Städten gab, ist staatlichen Stellen zu verdanken – sie haben für die professionelle Bildberichterstattung gesorgt bzw. die österreichischen Medien haben ihnen diese überlassen.
Darauf muss man jetzt zurückkommen: Worauf „Picture Control“ im schlimmsten Fall hinauslaufen kann, hat man gerade aus Vorarlberg vernehmen müssen. Der dortige Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sah sich gezwungen, sich für eine plumpe Manipulation zu entschuldigen: Auf seiner Facebook-Seite hatte Wallner zweimal ein Foto veröffentlicht, das ihn in einem Gespräch mit Sebastian Kurz in einem Gasthaus zeigt. Beim ersten Mal war unmittelbar hinter Kurz das Bild einer Frau mit einer Riesenrauchware zu sehen. Fürs zweite Mal war diese Bild durch eine harmlose Landschaftsdarstellung ersetzt worden (siehe VOL.AT-Bericht).
Man könnte diese Geschichte nun damit bewenden lassen, dass sie den Verantwortlichen ohnehin selbst zum Verhängnis geworden ist. Im Netz ging es rund, Wallner entschuldigte sich. Außerdem spielte sich die Sache auf seiner Seite ab. Übrig bleibt jedoch ein Hinweis für österreichische Medien, wie problematisch es ist, Bildberichterstattung ganz dem Staat und damit letzten Endes eben auch Politikern zu überlassen. Jetzt sieht man ja, was da so möglich sein könnte.
Zum Staatsbesuch in China gab es zwei professionelle österreichische Bildquellen: „Bundesheer“ und „Bundeskanzleramt“.
Womit wir wieder beim Tweet von Matthias Cremer angelangt wären: Wer sich die veröffentlichten Bilder vom größten Staatsbesuch der Republik, also dem in China, anschaut, stößt auf zwei professionelle österreichische Bildquellen, die jeweils über die APA liefern: „Bundesheer“ und „Bundeskanzleramt“.
Nicht, dass man ihnen etwas unterstellen könnte; und auch nicht, dass das neu wäre. Das Problem ist jedoch, dass die Bildberichterstattung damit naturgemäß im Sinne von Präsident, Kanzler und Co. war. Und dass dieses „Picture Control“ zusammen mit dem zunehmenden „Message Control“ dem unabhängigen Journalismus zusetzt. Der im Übrigen kein Selbstzweck ist, sondern im Sinne der Wählerinnen und Wähler ist: Sie müssen sich darauf verlassen können, dass sie Ungeschöntes, ja nicht Manipuliertes geliefert bekommen bzw. eine Darstellung, die der Wirklichkeit zumindest nahe kommt. Umso mehr, als man ja weiß, wie wichtig es vielen Politikern ist, vorteilhaft rüberzukommen; das ist zutiefst menschlich.