ANALYSE. Werner Kogler und Co. tun sich zunehmend schwer, sich mit Klimapolitik zu behaupten. Und all die weiteren Problemlagen führen eher zu Koalitionen, an denen sie nicht mehr beteiligt sind.
Noch regieren die Grünen auf Bundesebene und in drei Ländern mit. Doch das dürfte sich bald ändern. Bei der Tirol-Wahl haben sie nicht nur verloren, sie müssen auch befürchten, aus der Landesregierung zu fliegen. Neben dem Bund würden dann noch Salzburg und Vorarlberg übrig bleiben. Zumindest für eine gewisse Zeit.
Das Problem ist vielschichtig, und man muss auch das Umfeld sehen, in dem Werner Kogler und Co. tätig sind. Zum einen ist es durchaus korruptionsanfällig, zum anderen wenig klimafreundlich, bis absolut klimafeindlich. Die drei größeren Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ ticken diesbezüglich bemerkenswert ähnlich. Wenn es allein nach ihnen gehen würde, würde mit 1. Oktober zum Beispiel keine CO2-Bepreisung eingeführt werden. Die ÖVP ist nur bereit dazu, weil sie ihre Zusammenarbeit mit den Grünen sonst gleich beenden könnte; das ist diesen ein entscheidendes Anliegen.
Öffentlich wiederum wird die Maßnahme da und dort als Katastrophe dargestellt: „Preis-Explosion kommt“, titelt die Gratiszeitung „Heute“ und schreibt: „Ab Samstag wird das Leben in Österreich noch ein gutes Stück teurer.“ Grund: „Es geht los mit der CO2-Bepreisung“ von acht Cent pro Liter Benzin und neun Cent pro Liter Diesel.
Über eine solche Stimmungsmache dürfen sich nicht nur Grüne wundern, ihnen aber muss es besonders zu denken geben: Hier ist etwas grundlegend schief gelaufen. Der Klimabonus wird nicht als das wahrgenommen, was er ist; nämlich ein Ausgleich zur CO2-Bepreisung. Ja, er hätte von vornherein fast allen mehr gebracht und ist zuletzt auch noch als Teuerungsausgleich verdoppelt worden – letztlich ist diese eine Belastung also keine solche.
Es ist kein Trost für die Grünen, dass die Aufgabenstellungen, die ursprünglich damit zusammenhingen, schier unlösbar sind. Man hätte etwas machen müssen, um der Wahrnehmungsschere gerecht zu werden: Wer an der Tankstelle immer wieder mehr zahlt, wird die 500 Euro, die er zwischendurch bekommt, nicht unbedingt in Verbindung bringen miteinander. Schmerzliche Rechnungen wiegen ungleich schwerer. Vor allem in Zeiten generell stark steigender Preise. Da gibt es kaum ein Durchkommen mehr mit einer solchen Klimapolitik.
Das wird zunehmend bedrohlich für die Partei von Kogler und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler: In Tirol sahen zuletzt fast 50 Prozent der Wähler eine negative Entwicklung im Land, die aufgrund der wahrgenommenen Hauptprobleme „Inflation und steigende Preise“ sowie „leistbares Wohnen“ wohl nicht nur auf klassische Landespolitik beschränkt ist. Das ist das eine. Das andere: Bei diesen Problemlangen – fernab von Klima, aber auch Korruption – zieht es Wähler mit unterschiedlichen Motiven eher zu Freiheitlichen und Sozialdemokraten als zu den Grünen.
Das setzt diesen doppelt zu: Sie selbst verlieren Zuspruch, es steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit für rot-schwarz/türkise oder blau-schwarz/türkise, jedenfalls aber Koalitionen ohne ihre Beteiligung. Selbst eine Ampel wird weniger wahrscheinlicher: Für die SPÖ hat Klimapolitik in Anbetracht der Teuerung einen so geringen Stellenwert bekommen, dass sich die Grünen kaum noch darauf einlassen könnten.