ÖVP rinnt eher nach links aus

ANALYSE. Reinhold Mitterlehner hat gute Gründe, auf Konfrontationskurs mit den Freiheitlichen zu gehen. 

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ANALYSE. Reinhold Mitterlehner hat gute Gründe, auf Konfrontationskurs mit den Freiheitlichen zu gehen.

Wer erwartet hat, die Bundespräsidenten-Stichwahl werde ohne Folgen für die Innenpolitik bleiben, hat sich geirrt. Siehe ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Der Vizekanzler versucht gerade, seine Partei umzupolen. „Schluss mit dem Schielen nach einer blau-schwarzen Koalition!“, lautet die Devise des 61-Jährigen: „Die FPÖ ist ab sofort unsere Hauptgegnerin.“ Begründet wird das von ihm damit, dass man so viele Wähler an die Freiheitlichen verliere; dass man also quasi nach rechts ausrinnt. Das jedoch ist nicht ganz richtig; die ÖVP rinnt viel eher nach links aus. Auch das aber ist eine Bestätigung für Mitterlehners Bestrebungen.

Die drei Bundespräsidenten-Wahlen dieses Jahres lieferten der Volkspartei aufschlussreiche Informationen über ihren Zustand. Dass sie selbst schlecht dasteht, bekam sie gleich im Grunddurchgang zu spüren; mit ihrem Kandidaten Andreas Khol ging sie unter. Das ist bekannt.

Es lohnt sich jedoch, genauer hinzuschauen, wen die ÖVP-Anhänger laut den SORA-Analysen jeweils unterstützt haben. Von all jenen, die bei der Nationalratswahl 2013 der Partei ihre Stimme gaben, zog es nur ein Drittel zu Khol. Ein Viertel wanderte zum freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer ab. Ein Fünftel gab Irmgard Griss den Vorzug und nur relativ wenige Alexander Van der Bellen (sieben Prozent).

ÖVP-Sympathisanten würden unter solchen Umständen ganz offensichtlich eher die Finger lassen von Heinz-Christian Strache und Co.

Schon bei der ersten Stichwahl im Mai bekam jedoch Alexander Van der Bellen eine Mehrheit dieser ÖVP-Anhänger; Norbert Hofer musste sich mit einer Minderheit begnügen. Am 4. Dezember sollte sich das noch verstärken, wie drei Datensätze zeigen: 

  • Von all jenen, die derzeit die ÖVP wählen würden, stimmten 55 Prozent für Van der Bellen und nur 45 Prozent für Hofer.
  • Von den Hardcore-ÖVP-Anhängern, als die die Khol-Wähler vom April wohl bezeichnet werden können, votierten letztlich 59 Prozent für Van der Bellen und nur 33 Prozent für Hofer.
  • Noch extremer dürften die Verhältnisse bei all jenen sein, die schon im ersten Wahlgang Griss unterstützt haben. Von ihren Wählern gaben am 4. Dezember jedenfalls drei Viertel Van der Bellen ihre Stimme.

Von der ersten zur zweiten Stichwahl hat sich der Zug der Österreicher, die 2013 die ÖVP gewählt haben oder dies nach wie vor tun würden, zu Van der Bellen deutlich verstärkt (siehe Grafik). Wahrscheinlich ist dies auf die Polarisierung zurückzuführen, die Hofer – unter eigener Mitwirkung – zunehmend in ein rechtes Eck gedrängt hat. Eine solche Dynamik zeichnet sich naturgemäß auch für die kommenden Nationalratswahlen ab, liegen die Freiheitlichen in Umfragen derzeit doch weit vorne.

ÖVP-Sympathisanten würden unter solchen Umständen ganz offensichtlich eher die Finger lassen von Heinz-Christian Strache und Co. – und stattdessen eher eine Partei unterstützen, die wie Van der Bellen und dessen Helfer im abgelaufenen Präsidentschaftswahlkampf klar dagegen halten. Soll heißen: Mitterlehner hat gute Gründe für seinen Strategiewechsel.

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