ÖVP: Mitterlehner setzt erstmals Kurs

ANALYSE. In der Asylfrage steuert der Vizekanzler seine Partei in die Mitte – und geht auf Distanz zu Strache.

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ANALYSE. In der Asylfrage steuert der Vizekanzler seine Partei in die Mitte – und geht auf Distanz zu Strache.

Bisher hat sich Reinhold Mitterlehner als Chef der Österreichischen Volkspartei auffallend schwer getan, diese zu positionieren. Viele Ankündigungen und Aussagen verpufften wirkungslos oder wurden von Mitstreitern gar konterkariert. In der Asylfrage ist Mitterlehner nun erstmals nicht nur deutlich geworden, sondern verleiht seinen Worten auch Nachdruck. Ergebnis: Seine Partei soll in der Mitte stehen. Und Abstand zu den Freiheitlichen unter Heinz-Christian Strache halten.

All jene, die erwartet hatten, dass Reinhold Mitterlehner die ÖVP wirklich jünger, weiblicher und moderner machen würde, sind in den ersten zwölf Monaten seiner Obmannschaft enttäuscht worden. Mehrfach. In der Bildungspolitik etwa hat sich doch nichts geändert. Im Gegenteil, mehr denn je bekennt sich die Partei – nun auch programmatisch – zum Gymnasium und erteilt einer Gemeinsamen Schulde damit eine klare Absage. Bei der Steuerreform suchte man irgendeinen Akzent wiederum vergeblich. Mitterlehners „Erfolg“ beschränkte sich darauf, eine „rote“ Reichensteuer verhindert zu haben.

Und schließlich wurde die Ansage vom „Jünger-weiblicher-und-moderner-sein-wollen“ der Volkspartei unter Reinhold Mitterlehner durch Reinhold Lopatka, den Klubobmann, ad absurdum geführt: Zumindest irritierende Gestalten, wie Marcus Franz, holte dieser vom Team Stronach in seine Fraktion.

Im Umgang mit dem Asylproblem ging es zunächst so weiter: Zeltstädte ließ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erreichten. Und holte sich mit diesen und dem Zulassen unhaltbarer Zustände in Traiskirchen massive Kritik eines guten Teiles der in der Mitte und/oder auf der linken Seite des politischen Spektrums stehenden Österreicher ein. Allenfalls Applaus von Rechts gab es dafür. Wobei Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit seinem Ruf nach intensiveren Grenzkontrollen versuchte, einen Teil davon für sich zu verbuchen.

Doch zuletzt hat sich Bemerkenswertes getan. Bei jeder Gelegenheit stellt sich Reinhold Mitterlehner seit zwei, drei Wochen klar gegen eine ÖVP, die eine zweifelhafte Asylpolitik betreibt. Seine ÖVP ist eine, für die unbestritten ist, dass jeder, der verfolgt wird, aufgenommen werden muss. Eine „Schubumkehr im Denken“ nannte er dies im ORF-Sommergespräch.

Das mögen Selbstverständlichkeiten sein. Wer Mitterlehner genau zuhört, entdeckt dabei jedoch auch eine Distanzierung nach der anderen von Heinz-Christian Straches Freiheitlichen und mit diesen sympathisierenden Parteifreunden: „Ich finde es eine Schande, wenn man Flüchtlinge, die alle die gleichen Rechte und die gleiche Würde als Menschen haben, so behandelt, als wären sie Material. So behandelt, als könnte man dann darüber abstimmen: Nehmen wir sie oder nehmen wir sie nicht“, stellte er sich – ebenfalls im Sommergespräch – etwa gegen den Ruf nach einem entsprechenden Plebiszit.

Wäre es eine Doppelstrategie, wonach die ÖVP nur versucht, es in der Asyldebatte mit allen möglichen Positionierungen möglichst vielen recht zu machen, sie wäre ganz schön dumm. Denn dann könnte man aus dem, was etwa Mikl-Leitner und Kurz machen und sagen, allzu leicht eine Distanzierung von Mitterlehner herauslesen, wodurch dieser in seiner Autoritär herausgefordert wäre.

Sehr viel spricht also dafür, dass er es so meint, wie er es sagt; und dass das auch Parteikurs sein soll. Womit letzten Endes auch klargestellt wäre, dass Schwarz-Blau mit Mitterlehner zumindest genauso schwer vorstellbar ist wie Rot-Blau mit SPÖ-Chef Werner Faymann.

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