ÖVP bricht ein Bein weg

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ANALYSE. Personell mag der Arbeitnehmerbund noch stark vertreten sein in der Partei. Politisch steht besonders er jedoch für Misserfolge. Siehe Steiermark.

Die ÖVP hat gewissermaßen mehrere Beine. Eines wird durch den Wirtschafts-, ein anderes durch den Bauernbund gebildet. Ein weiteres durch den ÖAAB. Die Abkürzung stand einst für Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund, heute steht sie für Österreichischer Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund.

Besser bekannt ist der ÖAAB durch seine Vertreterinnen und Vertreter, die machtvolle Funktionen bekleiden, die die Partei (noch) zu vergeben hat: Bundeskanzler Karl Nehammer ist ehemaliger Obmann der Landesorganisation Wien. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner war in den 2010er Jahren Bundesobfrau. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler ist gerade aus den bekannten Gründen in den Schlagzeilen. Er sitzt in Graz im Landesvorstand der Organisation.

Sie alle haben einen schweren Stand. Der ÖAAB kann von Glück reden, dass etwa auch noch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer aus seinen Reihen kommt. Aber das macht jetzt wenig besser für ihn.

Karl Nehammer gerät zunehmend unter Druck, weil im Dunkeln bleibt, welche Perspektive er mit Türkis-Rot-Pink auftun könnte für die ÖVP. Vor allem Wirtschaftsbündler, die weniger Berührungsängste mit der „Kickl-FPÖ“ haben, werden nervös. Mikl-Leitner ist seit der Niederlage bei „ihrer“ Landtagswahl vor eineinhalb Jahren angezählt. Landesrat Stephan Pernkopf, ein Bauernbündler, gilt als Nachfolger.

Christopher Drexler ist laut einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ für den steirischen Wirtschaftsbund quasi nur noch auf Zeit Landesparteiobmann. Die Funktion des Landeshauptmannes wird er wohl sowieso bald an FPÖ-Mann Mario Kunasek abgeben müssen.

Drexler trägt Mitverantwortung für den Absturz der ÖVP bei der jüngsten Landtagswahl und er kann nicht einmal darauf hinweisen, dass „sein“ ÖAAB Schlimmeres verhindert habe. Im Gegenteil: Bei Arbeitern ist die Partei am vergangenen Sonntag laut ORF/Foresight-Befragung auf gerade einmal neun Prozent gekommen. Okay, Schwankungsbreite! Aber selbst wenn es 15 Prozent wären. Im Übrigen könnte man einwenden, der Bund sei eher auf Angestellte und mehr noch öffentlich Bedienstete ausgerichtet. Allein: Auch in dieser Gruppe reichte es für die Partei nur noch für 20 Prozent der Stimmen. Und damit nur gut halb so viele wie die FPÖ (39 Prozent).

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Dabei hat Drexler extra noch zwei Tage vor dem Urnengang verkündet, dass es keine Nulllohnrunde für Landes- und Gemeindebedienstete geben werde. Es hat nichts gebracht. Oder doch? Es ist im Grunde genommen egal: In Summe ist es bei unselbstständig Beschäftigten, denen der ÖAAB ein Angebot sein möchte, nicht ins Gewicht gefallen.

Die ÖVP begreift sich noch immer als Volkspartei im politikwissenschaftlichen Sinne. Ihr Fokus dabei liegt auch bei Erwerbstätigen, die sie selbst gerne einer Mitte zurechnet. Umso schlimmer ist für sie im Allgemeinen und den ÖAAB im Besonderen, dass sie dort, bei den Arbeitern, Angestellten und bei den öffentlich Bediensteten, in der Steiermark auf diesem Niveau gelandet ist.

Der ÖAAB kann sich nicht einmal damit trösten, dass er wenigstens auf AK-Ebene noch gute, alte Verhältnisse bewahren konnte. Zumindest das ist Sozialdemokraten gelungen, denen es im Übrigen nicht besser geht.

Siehe bundesweite AK-Wahlergebnisse: Die Sozialdemokraten haben heuer mit 57,1 Prozent noch immer eine absolute Mehrheit verteidigt. Es entspricht ungefähr einem Niveau, das sie seit den 1980er Jahren halten. Damals, 1984, ist der ÖAAB auf 36,5 Prozent gekommen. Seither verliert er in der Regel. Zuletzt landete er bei 16,6 Prozent und muss befürchten, beim nächsten Mal auch auf dieser Ebene hinter die Freiheitlichen zurückzufallen.

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