ANALYSE. Erstmals sind Parteien verpflichtet, Wahlkampfspenden zu veröffentlichen. Ergebnis: Es gibt so gut wie keine – und alles Übrige ist weiterhin geheim. Eine Folge zahnloser Reformen.
Es ist nicht egal, wie viel Geld Parteien in einen Wahlkampf stecken und woher sie es haben. Zum einen geht es um faire Wettbewerbsverhältnisse und darum, das Ringen um Stimmen zumindest finanziell zu zügeln. Zum anderen haben Wähler einen Anspruch darauf, über mögliche Abhängigkeitsverhältnisse vor der Stimmangabe in Kenntnis gesetzt zu werden. Daher gibt es im Idealfall gesetzliche Wahlkampfkostenbegrenzungen, Transparenz und harte Strafen bis hin zu Haft für Verantwortliche von Parteien, die auf die Vorgaben pfeifen.
In Österreich entspricht man eher nur einem der drei genannten Punkte: es existiert eine gesetzliche Wahlkampfkostenbegrenzung. Keine Partei darf für den laufenden Nationalratswahlkampf mehr als 8,6 Millionen Euro einsetzen. Darüber hinaus bestehen Transparenzbestimmungen, sie sind jedoch für die Fische. Haftstrafen sind für den Fall der Fälle sowieso keine vorgesehen. Es ist also unmöglich, was zum Beispiel dem französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy passiert ist: Er ist wegen illegaler Wahlkampffinanzierung zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Es ist ja kein Kavaliersdelikt.
Doch zurück zu den Transparenzbestimmungen: Sie sind von ÖVP und Grünen zwar verschärft worden, de facto hat sich jedoch nichts geändert. Konkreter: Erstmals müssen Parteien im Wahlkampf Spenden über 2500 Euro unverzüglich dem Rechnungshof melden, der die Angaben dann ebenso unverzüglich veröffentlicht.
Waren Spenden in vergangenen Wahlkämpfen ein großes Thema und flossen auch ebenso, so gibt es diesmal kaum welche: Bei FPÖ, Grünen und Neos stehen noch immer „Null“-Meldungen, bei ÖVP und SPÖ verhältnismäßig bescheidene. Bei der SPÖ eine 4285 Euro-Spende und bei der ÖVP eine solche über 3500 Euro sowie jeweils vier über 7000 Euro, wobei zwei Mal 7000 Euro laut Rechnungshof-Website vom Kärntner Spitzenkandidaten Gabriel Obernosterer kommen. Das ist nichts gegen die üppigen Summen, die etwa Sebastian Kurz einst bei prominenten Industriellen gekeilt hat für die Partei.
Was ist da los? Halten sich insbesondere die Großen, also auch die Freiheitlichen zum Beispiel, wirklich an die Wahlkampfkostenbegrenzung? Wie finanzieren sie ihre Kampagnen, wofür geben sie wie viel aus? Man weiß es nicht. Man darf sich mit Beteuerungen von Geschäftsführern und Generalsekretären begnügen.
Die türkis-grüne Neuregelung sieht zwar vor, dass Parteien einen „Wahlwerbungsbericht“ erstellen und in einem „maschinenlesbaren standardisierten Format“ dem Rechnungshof übermitteln müssen, das aber erst nach der Wahl bzw. innerhalb von sechs Monaten ab dem Urnengang. Zynisch formuliert also zu einem Zeitpunkt, zu dem es aus Sicht der Wähler schlicht wertlos ist.
Muss das sein? Natürlich nicht. Wenn man wollte, könnte man auch anders. Die OSZE hat in ihrem Bericht zur Nationalratswahl 2017 empfohlen, Parteien schon vor dem Wahltag „vorläufige Angaben zu Einnahmen und Ausgaben“ veröffentlichen zu lassen. Im Wissen, dass sie danach endgültige Angaben vorlegen müssen, würden sie wohl kaum beliebige Zahlen nennen. Man könnte sich also einigermaßen verlassen darauf.
Das österreichische „Forum Informationsfreiheit“ berichtet, eine derartige Offenlegung von Wahlkampffinanzen vor der Wahl sei „international gute Praxis“. In der Slowakei etwa müssten Wahlkämpfe „über gläserne Konten geführt werden“, seien Geldflüsse also „in Echtzeit“ öffentlich.