Nichts Neues aus der Bundespolitik

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ANALYSE. Die einzige Veränderung, die sich abzeichnet, ist, dass sich die Mitte-Rechts-Mehrheitsverhältnisse zwischen ÖVP und FPÖ zugunsten der Sebastian-Kurz-Partei verschieben.

Ob Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) all die Demonstranten organisiert hat, die auf dem Ballhausplatz „Neuwahlen!“ skandieren? Um nicht missverstanden zu werden: Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus haben mehr als einen Anlass geliefert, die Regierungszusammenarbeit zu beenden. Was Strache gegenüber einer mutmaßlichen Oligarchin geäußert hat, ist bei weiten nicht nur eine Angelegenheit, die ihn persönlich betrifft. Es geht auch um seine Partei und letzten Endes auch das Politikverständnis, dass mit dieser nach den Nationalratswahl 2017 in die Führungsetagen der Republik gezogen ist.

Aber ist all das überraschend? Natürlich, Straches Ausführungen über Parteispenden, den Ausschluss eines Baukonzerns von öffentlichen Aufträgen und Journalisten, die die größten Huren seien, haben eine „Qualität“, die man sich so nur schwer hätte ausmalen können. In den vergangenen Wochen und Monaten hat die FPÖ aber schon so viele rote Linien überschritten, dass selbst Kurz nicht mehr anders konnte, als sie zu ermahnen. Wobei: Zum Beispiel die Lektüre des Buches „Stille Machtergreifung“ von Hans-Henning Scharsach hätte genügt, schon vorab im Jahre 2017 zu erahnen, wer da mit Strache in die Koalition kommt. Extrem rechte Burschenschafter nämlich, die mit Österreich nicht viel am Hut haben. Und überhaupt, Strache, der einstige Kriegsspieler und Identitären-Freund: Das Wundern sollte sich in Grenzen halten. Auch Kurz wusste, auf wen er sich einlässt.

Kurz ist vor allem Stratege in eigener Sache.

Entscheidender ist jedoch: Wie geht’s jetzt weiter? These: Mit und ohne Neuwahlen wird sich nicht viel ändern. Kurz ist vor allem Stratege in eigener Sache. Und die Verhältnisse schauen so aus: In Österreich gibt es eine Mitte-Rechts-Mehrheit. Die „Sozialisten“ sind in weiten Teilen davon verpönt und werden denn auch nicht Sozialdemokraten genannt. Die Grünen sowieso. Die Neos weniger, aber sie wollen wirklich Reformen und den Einfluss aller Kammern, also auch den der Wirtschafts- und der Landwirtschaftskammer, zurückdrängen. Ob Kurz das auch mag? Kaum zu glauben, nach allem, was unter seiner Verantwortung bisher vorgelegt worden ist.

Kurz ist vor eineinhalb Jahren zu einem großen Wahlerfolg gekommen, weil er Positionen der FPÖ übernommen hat (insbesondere in der Ausländerpolitik) und weil ihn auch sehr viele Ex-Freiheitliche unterstützt haben. Außerdem hat er damit gepunktet, Rot-Schwarz beendet zu haben. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt: Kann er morgen zu Schwarz-Rot zurückkehren? Schon einmal grundsätzlich sehr schwer. Vor allem aber müsste mit einem Koalitionspartner SPÖ, Grünen oder Neos von seinem bisherigen Kurs abweichen. Und damit würde er sehr viele seiner eigenen Wähler enttäuschen.

2002 hat Wolfgang Schüssel Schwarz-Blau fortgesetzt, obwohl die FPÖ von mehr als 25 auf zehn Prozent zusammengestutzt worden ist. Logisch: Die Blauen waren plötzlich extrem billige Koalitionspartner, und nebenbei war es nur mit ihnen möglich, die mitte-rechts-Mehrheit geschlossen zu halten.

Das einzige, was sich für Kurz mit oder ohne Neuwahlen ändert, ist, dass er gegenüber der FPÖ unter Norbert Hofer oder wem auch immer gestärkt wird. Wobei es naiv ist, zu glauben, es könnte ihm schaden, dass seine erste Regierung schon nach so kurzer Zeit zusammengebrochen ist. Erstens: Allgemeine Wahrnehmung ist eher, dass es an ihm nicht gelegen ist und er eigentlich fleißig sein möchte. Zweitens: Schon 2017 hat ihm nicht geschadet, als Staatssekretär und schließlich Minister seit Jahren Teil des alten Systems gewesen zu sein. Nein, er schaffte es, zu vermitteln, gerade erst in die Politik eingestiegen zu sein und derjenige zu sein, auf den sehr viele gewartet haben.

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