BERICHT. Für Kommunisten gibt es ein erhebliches Potenzial in Österreich. Zum Leidwesen von Grünen, aber auch Sozialdemokraten, die freilich einen Beitrag dazu leisten.
Besonders kapitalistisch ticken die Österreicherinnen und Österreich nicht, wenn man das so verallgemeinernd sagen darf: Laut einer Gallup-Umfrage vom Sommer findet eine Mehrheit von 56 Prozent eine solche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sehr oder eher negativ. Nur ein Drittel (34 Prozent) meint, sie sei sehr oder eher positiv. Das sind nur gut halb so viele wie in Bezug auf den Sozialismus (63 Prozent) und gerade einmal gut doppelt so viele wie in Bezug auf den Kommunismus (15 Prozent).
Natürlich: Die Vorstellungen davon, was das eine oder andere bedeutet, mögen unterschiedlich und diffus sein. Genau das aber macht es für Kommunisten zu keinem Nachteil mehr, als Kommunisten aufzutreten. Ideologie und Geschichte sind nebensächlich. Viele Menschen nehmen Elke Kahr in Graz oder Kai-Michael Dankl in Salzburg wahr und kommen zum Schluss, dass sie okay seien. Ergebnis: Fast 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler stehen der KPÖ laut der erwähnten Umfrage positiv gegenüber, 24 Prozent können sich vorstellen, sie zu wählen.
Hauptgrund: Ihre Authentizität. Damit bilden sie eher ein Anti-Establishment, das gerade so gefragt ist, als es Freiheitliche oder Sozialdemokraten bzw. Andreas Babler tun können. Man kann Dankl vorwerfen, dass er mehr Sozialarbeit denn Politik mache. Der Punkt ist: Genau darum geht es. Es trägt zu seiner Glaubwürdigkeit und zu seinem Erfolg bei. Bettina Prochaska, Spitzenkandidatin bei der kommenden Nationalratswahl, scheint ähnliche Voraussetzungen mitzubringen. Sie ist im Pflegebereich tätig und arbeitet auch offensiv damit, wenn sie sagt: „Ich erlebe täglich, wie die Pflege gegen die Wand gefahren wird.“
Wäre sie ausschließlich Sozialpolitikern und würde das sagen, wäre es vielleicht wirkungslos. So aber könnte sie eine Masse erreichen, die Politikerinnen und Politikern nicht mehr traut. Wobei man bedenken muss, dass der Anteil der Menschen, die finden, dass das politische System gut funktioniere, selbst unter Hochschulabsolventen und Besserverdienenden laut Demokratiemonitor bereits unter 50 Prozent gesunken ist. Sprich: Frust ist längst nicht mehr nur ein Phänomen, das sogenannte „kleine Leute“ kennzeichnet.
Diese Zielgruppen sind relevant. Zumindest Akademikerinnen und Akademiker wählen eher links. Aber weniger die SPÖ. Christian Kern hat sie 2017 erfolgreich umworben. Das war eine Ausnahme. Andreas Babler hat ihnen bisher kein Angebot gemacht. Ihm ist eine Masse wichtiger, die finanziell zu kämpfen hat. Die Grünen können davon profitieren. Aber nur bedingt. Sie haben durch die Regierungspolitik, die sie mittragen, Anhänger verloren.
Auffallend ist, wie viele Hochschulabsolventen die KPÖ wählen. Das war schon bei der steirischen Landtagswahl 2019 so. Da taten es laut SORA-Wahltagsbefragung ganze elf Prozent (insgesamt kam die Partei auf sechs Prozent). Und in Salzburg handelte es sich nun gar um 17 Prozent. Zum Vergleich: Während die Grünen in dieser Gruppe 21 Prozent schafften, musste sich die SPÖ mit elf begnügen.