Neos und Grüne dürfen hoffen

ANALYSE. Nach Kern beginnt auch schon Kurz unfreiwillig zu zeigen, dass er in seiner Partei gewissen Zwängen ausgesetzt ist.

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ANALYSE. Nach Kern beginnt auch schon Kurz unfreiwillig zu zeigen, dass er in seiner Partei gewissen Zwängen ausgesetzt ist.

Grundsätzlich ist ein Wahlkampf, der sich ganz auf die Kanzlerfrage zuspitzt, sehr schlecht für Kleinparteien, deren Spitzenkandidaten da nichts zur Sache tun. Und am 15. Oktober wird es aus heutiger Sicht ja wirklich eher darum gehen: Wer soll Regierungschef werden? Sebastian Kurz (ÖVP), Christian Kern (SPÖ) oder Heinz-Christian Strache (FPÖ). Und wenn jemand keinen davon haben möchte, dann wird er möglicherweise einen verhindern wollen und allein daher die Partei eines anderen der Genannten wählen. Aber eben nicht die Neos von Matthias Strolz und die Grünen von Ulrike Lunacek.

Soviel zur Ausgangslage. Sie ist nicht gut für die Grünen und die Neos, wobei bei diesen auch noch dazukommt, dass sie in der Vergangenheit vor allem von einer schwachen ÖVP profitiert haben; und dass sie darauf bei einer Sebastian-Kurz-ÖVP-Bewegung nicht mehr setzen können.

Als designierter ÖVP-Chef ist Kurz gefangen in einem System, das schon in der Vergangenheit ausschlaggebend dafür war, dass sich so wenig verändert hat.

Mit der Zeit ändert sich jedoch das eine oder andere, was die beiden Kleinparteien hoffen lassen kann. Zunächst zu den Grünen: Ihnen kann es sogar recht sein, dass immer mehr für Schwarz-Blau oder Blau-Schwarz spricht und dass die SPÖ nicht weiß, wie sie mit der FPÖ umgehen soll. Damit haben sie ein Alleinstellungsmerkmal. Motto: Wer links steht und z.B. Heinz-Christian Strache unter gar keinen Umständen als Regierungschef haben bzw. ihm zumindest ein starkes Gegengewicht entgegensetzen möchte, der hat kaum eine Alternative dazu, die Grünen zu unterstützen.

Und die Neos? Bei ihnen ist die Sache etwas komplizierter. Sie aber dürfen auf eine einzige Schwäche von Sebastian Kurz setzen: Bei allem Geschick, das ihn auszeichnet, und aller Entschlossenheit, die er demonstriert, hat er ein Problem. Seine Möglichkeiten sind begrenzt. Als designierter ÖVP-Chef ist er auch beim besten Willen gefangen in einem System, das schon in der Vergangenheit ausschlaggebend dafür war, dass sich in Österreich so wenig verändert hat. Beispiele:

  • Kurz kann eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote fordern. Im Detail wird’s jedoch schwierig für ihn: Wo immer er ansetzt, eckt er an. Will er etwa Förderungen kürzen, muss er sich mit überwiegend schwarzen Bauern oder den überwiegend schwarzen Ländern anlegen. Sie hatten schon mit der verhältnismäßig kleinen Steuerentlastung 2015 ein Problem, weil ihnen diese zunächst ja auch niedrigere Steueranteile bescherte.
  • Dass eine Einigung zur Bildungsreform auf sich warten lässt, ist auch auf die Null-Begeisterung der überwiegend schwarzen Lehrerschaft dafür zurückzuführen; die im ÖAAB organisiert ist; zu dessen Bundesvorstand Kurz schon länger zählt.
  • Zumindest vor der Wahl muss der 30-Jährige da und dort sehr viel Rücksicht nehmen. Das müssen die Neos nicht: Sie können Extremforderungen erheben. Und das geht noch weiter: Kurz hat bereits deutlich gemacht, dass er nicht daran denkt, so weit zu gehen wie die Neos, die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern abzuschaffen oder eine „Ehe für alle“ zu erlauben. Beides wäre nicht zuletzt auch innerparteilich zu umstritten.

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