Mit Kickl ist länger zu rechnen

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ANALYSE. Zu glauben, man könne das Ergebnis der steirischen Landtagswahl ignorieren und darauf zu setzen, dass die FPÖ früher oder später wieder eine Krise hat, ist naiv.

Die künftige Bundesregierung solle Aufbruch signalisieren und dafür sorgen, dass das Leben für die Leute wieder leichter wird. Sagten Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen, an denen auch Neos unter Führung von Beate Meinl-Reisinger beteiligt ist. Das ist bemerkenswert: Laut WIFO-Langfristprognose wird es in den 2020er Jahren nicht nur zum ersten Mal in der Zweiten Republik zwei Mal hintereinander eine Rezession geben (2023 und 2024); es wird auch kein Boom mehr zustande kommen. Bis einschließlich 2029 wird es höchstens Wachstumsraten von eineinhalb Prozent geben. Vor nicht allzu langer Zeit hat man unter solchen Umständen erklärt, dass der Motor zumindest stottere, dass man ein größeres Problem habe.

Da kann man sich natürlich weiter einen Aufbruch oder ein leichteres Leben wünschen. Ja, es bleibt sogar wichtig, darauf hinzuarbeiten. Naheliegend erscheinen würde zunächst aber etwas ganz anderes: Wie können weitere gesellschaftliche und damit einhergehende politische Verwerfungen verhindert werden? Wie kann man dem begegnen, wovon FPÖ-Chef Herbert Kickl vor allem profitiert: Dass eine Masse das Gefühl hat, dass sich die Verhältnisse für sie verschlechtern und dass das den Regierenden vollkommen egal ist. Dass sie empathiebefreit seien.

Da ist es wichtig, nicht ausschließlich von Aufbruch und einem leichteren Leben zu reden, um nicht alles nur schlimmer zu machen, weil es eher unerreichbar sein wird und daher zu noch größeren Enttäuschungen führen könnte. Da wären Ansätze wie „Gemeinsam stark“ angebracht, die von einer 3-Parteien-Regierung mit Inhalten unterlegt werden und darauf abzielen, möglichst alle Menschen anzusprechen.

Es wirkt, als werde derlei als nicht naheliegend angesehen: Im Hinblick auf die steirische Landtagswahl an diesem Sonntag heißt es schon, die FPÖ werde zwar wohl auch hier zur stärksten Partei aufsteigen, die türkis-rote Koalition solle jedoch fortgesetzt werden. Als könne man einen freiheitlichen Höhenflug aussitzen; auf Bundes- und in diesem Fall auch Landesebene.

Das ist jedoch unwahrscheinlicher denn je. Alternative? Regierungsbeteiligung? Auch diesbezüglich wird gerne so getan, als solle man Kickl und Seinesgleichen einfach machen lassen, weil sie nach kurzer Zeit eh über sich selbst stolpern würden; wie in den 2000er und 2010er Jahren.

Dafür spricht jedoch wenig: Kickl agiert hochprofessionell. Viktor Orban, sein Vorbild, zeigt, wie lange man sich an der Macht halten und was man da alles anrichten kann. Wichtiger: Kickl profitiert nicht einfach nur vom Zustand von ÖVP und SPÖ oder einer vorübergehenden Krise. Er profitiert von der eingangs erwähnten Stimmungslage, davon, dass bis weit in die Mitte hinein immer mehr Menschen zur Überzeugung gelangen, dass die guten Zeiten vorbei sind; und dass er allein das hemmungslos anspricht (und missbraucht).

Nichts deutet darauf hin, dass sich an den Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren etwas ändert. Umso mehr kommt es eben darauf an, dass eine zukünftige Regierung dem Rechnung trägt.

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