Mit Hofer abgefunden

ANALYSE. Zwei Wochen vor der Bundespräsidenten-Wahl redet kein Mensch mehr darüber. Nur „Österreich“ mobilisiert fleißig für den freiheitlichen Kandidaten.

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ANALYSE. Zwei Wochen vor der Bundespräsidenten-Wahl redet kein Mensch mehr darüber. Nur „Österreich“ mobilisiert fleißig für den freiheitlichen Kandidaten.

Wenn man am Ende der Woche noch einmal die Schlagzeilen überfliegt, bleibt eine politische Geschichte übrig: Die SPÖ-Krise. „Unmut über Werner Faymann wächst. Wer wird ihm nachfolgen? Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat die Regie übernommen.“ Dass in zwei Wochen der nächste Bundespräsident gewählt wird, muss man wissen; genauso, wie man den Namen des zweiten Kandidaten kennen muss (Alexander Van der Bellen). Mit dem Sieg des ersten hat man sich nämlich schon abgefunden: Die Runde vom 24. April habe er so klar gewonnen, dass ein Sieg bei der nunmehrigen Stichwahl „sehr wahrscheinlich“ sei, schreibt der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer beispielsweise in der „Zeit“, um sich in weiterer Folge wieder dem Zustand seiner Partei zu widmen.

Das ist alarmierend: Dass Hofer als haushoher Favorit ins Rennen geht, ist klar. Aufgabe von Politikern, aber auch Journalisten ist es jedoch, bis zum Wahltag zur Aufklärung beizutragen. Was will ein Kandidat? Was sagt er? Was hat er in der Vergangenheit getan? Und so weiter und so fort. Indem das unterlassen bzw. nur festgestellt wird, wer die Nase „aber so etwas von klar“ vorne hat, passieren zwei Dinge:

  • Man beeinflusst das Ergebnis dahingehend, dass man dem Wähler suggeriert, er könnte sich nur noch entscheiden, ob er den sicheren Sieger oder den sicheren Verlierer wählen wolle (womit Van der Bellen ein Debakel droht).
  • Man sagt, dass eh alles egal sei (und das ist es natürlich nicht).

Dass man sich nicht mehr weiter mit der Präsidentschaftswahl beschäftigt, ist möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass alles Unterhaltsame ohnehin schon abgehandelt  ist; und dass auf der anderen Seite alles Notwendige so sperrig ist.

Dabei würde gerade Hofer Stoff für einen Krimi liefern: Allein seine Aussagen zur Entlassung der Regierung würden Bände füllen. Zumal er entweder die Absicht hat, seine Spielräume zur Ausrufung einer Präsidialrepublik mit französischen oder gar türkischen Anleihen zu nützen; oder aber inkompetent ist. Beides wäre problematisch.

Entsprechend vorsichtig schleicht Van der Bellen durch den Wahlkampf, mit dem Ergebnis, dass selbst eine Unterscheidung zwischen ihm und Hofer aus dem Stegreif heraus nicht mehr einfach ist.

Damit das zu einem Thema werden könnte, müsste man sich damit auseinandersetzen. Doch das wird auch dadurch erschwert, dass eine „Polarisierung“ gemieden wird: „Nur kein Lagerwahlkampf“, lautet auch die Devise von Alexander Van der Bellen. Entsprechend vorsichtig schleicht er durch den Wahlkampf, mit dem Ergebnis, dass selbst eine Unterscheidung zwischen ihm und Hofer aus dem Stegreif heraus nicht mehr einfach ist. Über die jüngste Diskussionsrunde der beiden („Ö1-Klartext“) titelte der „Standard“ denn auch: „Hofer und Van der Bellen diskutierten: Harmonie mit feinen Unterschieden“.

Das kann nicht gut gehen für Van der Bellen. Die Mobilisierung, die er braucht, um sich doch noch durchzusetzen, wird so jedenfalls nicht zustande kommen. Er würde schließlich von den Wechselwählern leben, die ausnahmsweise ihn unterstützen, weil sie Hofer verhindern wollen; ihnen aber wird kein Material mehr geliefert.

Am Boulevard beginnt man sich indes mit einem freiheitlichen Bundespräsidenten abzufinden. „Österreich“ ließ Österreich am 6. Mai in seinem Aufmacher über einen „Brutal-Mord“ auf Seite 1 beispielsweise wissen: „AUCH NORBERT HOFER trauert um das Opfer!“ Wenn das keine Wahlempfehlung ist.

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