Mehr (direkte) Demokratie? Schmäh

ANALYSE. Dass die Regierung auch nach dem „Don’t Smoke“-Volksbegehren von einer Reform vor 2022 nichts wissen will, ist allein schon verdächtig. Dazu kommen jedoch viele Maßnahmen, die einer solchen zu sehr widersprechen. 

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ANALYSE. Dass die Regierung auch nach dem „Don’t Smoke“-Volksbegehren von einer Reform vor 2022 nichts wissen will, ist allein schon verdächtig. Dazu kommen jedoch viele Maßnahmen, die einer solchen zu sehr widersprechen. 

Nicht wenige ÖVP-Politiker waren nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen im Dezember 2017 froh darüber, dass es Sebastian Kurz gelungen ist, die Freiheitlichen in puncto „direkte Demokratie“ zu wesentlichen Zugeständnissen zu bringen: Erstens soll die Hürde für die Abhaltung einer Volksabstimmung nach einem Volksbegehren viel höher ausfallen, als sich Heinz-Christian Strache und Co. das ursprünglich vorgestellt haben. Und zweitens soll das Reformpaket überhaupt erst ganz am Ende der Legislaturperiode, 2022, in Kraft treten. Damit wird es möglicherweise nie kommen, so das Kalkül.

Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens wurden diese Woche genährt: Regierungsvertreter lassen nach dem „Don’t Smoke“-Volksbegehren sinngemäß wissen, dass ein Ausbau der direkten Demokratie vor 2022 nicht möglich sei. Was gelinde gesagt unsinnig ist: Kein Mensch, keine Bestimmung und auch sonst nichts hindert ÖVP und FPÖ daran, die Sache auf Schiene zu bringen. Sie können dies jederzeit tun, sie müssen nur Wollen.

Aber wollen sie überhaupt? Nein. Wie schon unter früheren Regierungen gibt es auch unter der gegenwärtigen zu vieles, was letzten Endes demokratiefeindlich ist. Beispiele? Der Umgang mit Medien im Allgemeinen und -freiheit im Besonderen. Wer „Message Control“ betreibt, ist an einer offenen Auseinandersetzung schlicht nicht interessiert. Wer über Inserate die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Zeitungsmarkt zu seinen Gunsten verfälscht, sowieso nicht. Geschweige denn, wer, wie der Innenminister, „kritische“ Blätter bestrafen möchte.

Doch das ist noch lange nicht alles: Zu einer starken Demokratie gehört auch Informationsfreiheit. Womit wir beim Stichwort „Amtsgeheimnis“ angelangt wären. Im Wahlkampf hat der heutige Kanzler Hoffnung aufkommen lassen: „Ich möchte, dass das Amtsgeheimnis der Vergangenheit angehört, dass wir einen Staat schaffen, der transparent agiert“, sagte Sebastian Kurz (ÖVP) damals zum „Kurier“. Seine Regierung hält nun jedoch fest daran. Auch die Transparenzdatenbank ist das Gegenteil dessen geblieben, was sie vom Namen her verspricht.

Alles? Nein. So lange die direkte Demokratie nicht gestärkt ist, müsste zumindest die repräsentative Demokratie gepflegt werden. In der Realverfassung ist die Rolle des Parlaments jedoch relativ bescheiden geblieben.

Wer direkte Demokratie will, sorgt im Übrigen dafür, dass sie in möglichst vielen Bereichen gelebt werden kann. Die vorgesehene Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ausgerechnet für Großprojekte steht jedoch in einem eklatanten Widerspruch dazu: In einer Abwägung zwischen Beteiligungsmöglichkeiten für NGOs und Bürger auf der einen und staatlichen und privaten Projektbetreibern auf der anderen Seite ist das ganz eindeutig eine Entscheidung gegen erstere.

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