ANALYSE. So nachlässig österreichische Medien in Bezug auf Konsequenzen aus türkisen Affären sind, die sie betreffen, so fleißig machen sie nun PR für Mister Message Control Gerald Fleischmann.
Österreichischen Medien setzen nicht nur die Digitalisierung, steigende Papierpreise, ein sich änderndes Rezeptionsverhalten der Bürgerinnen und Bürger sowie Umbrüche auf dem Werbemarkt zu: Es gibt auch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Sebastian Kurz ist nicht zuletzt durch Journalistinnen und Journalisten gehypt worden. Zu viele haben Message Control möglich gemacht. So gut wie niemand hat sich gegen eine Ausweitung des Volumens für Regierungsinserate gestellt. Obwohl es im internationalen Vergleich einzigartig groß geworden ist – und klar ist, dass es aufgrund praktizierter Willkür immer im Geruch steht, entweder für Belohnung wegen passender oder für Bestrafung wegen unliebsamer Berichterstattung zu stehen.
Dafür ist sogar der Begriff Inseratenkorruption gebräuchlich geworden. Dabei dürfte es bleiben: Durch eine vermeintliche Verschärfung gesetzlicher Bestimmungen wird sich laut dem Salzburger Kommunikationswissenschaftler Josef Trappel nichts entscheidendes an den Rahmenbedingungen ändern.
Man kann sich wundern darüber, dass das den Medien in ihrer Gesamtheit egal zu sein scheint: Dass sie keine Initiative für saubere Verhältnisse gestartet haben, um nicht so einfach verdächtigt werden zu können, sich durch Politik kaufen zu lassen. Immerhin würde es hier um ihre Glaubwürdigkeit gehen. Ihr höchstes Gutes.
Wenn man die gegenwärtige PR für Gerald Fleischmann bzw. sein Buch „Message Control“ sieht, kann man sich andererseits aber über nichts mehr wundern: Kaum ein Medium hat nicht darüber berichtet. Da und dort schwingt sogar Begeisterung darüber mit, dass er mit „SNU“ gearbeitet habe als Kurz‘ Mann fürs Grobe bzw. Erfinder und Durchsetzer der „Message Control“: Die Abkürzung steht für „Strategisch notwendigen Unsinn“, den Fleischmann gestreut haben will, um von relevanten Themen abzulenken.
In Wirklichkeit müssten Medien an dieser Stelle in sich gehen: Was hat uns dieser Mann aufs Auge gedrückt? Wo sind wir ihm auf den Leim gegangen und haben Leserinnen und Lesern Unsinn zugemutet?
Fleischmann wird in den Affären um Kurz als Beschuldigter geführt, für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Welche Rolle er etwa bei mutmaßlich manipulierten Umfragen gespielt hat, ist zu klären. Selbst muss er sich in all den PR-Texten nicht erklären. Genauso wenig wie zu aktueller Politik, immerhin ist er ja im Herbst von Karl Nehammer zum Kommunikationschef der ÖVP gemacht worden. Fragen zu solchen Dingen kann er mit der Erklärung erledigen, dass ihm der Verlag, in dem das Buch erschienen ist, auferlegt habe, nichts dazu zu sagen. Als ob man ihm einen Maulkorb verpassen könnte.
Im Kanzleramt war er vor allem Medienbeauftragter des Ex-Ex-Kanzlers. Er hatte eine mächtige Rolle gegenüber einer Branche, die mit eingangs erwähnten Problemen zu kämpfen hat, also geschwächt ist. Er ist nicht bekannt dafür, gerade unter diesen Umständen unabhängigen Qualitätsjournalismus gefördert zu haben; das wäre ja ein Widerspruch zu Message Control gewesen. Er gilt als der Macher von Roland Weißmann als ORF-Generaldirektor. Er war die Medienpolitik ab 2017, die für eine demokratiepolitische Zumutung steht.
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