ANALYSE. Ausgabenbremsen machen wesentlich größere Reformen notwendig, als in den Wahlprogrammen angesprochen sind. Vor allem im Pensionsbereich.
Budgetpolitisch stimmen ÖVP und FPÖ viel eher überein als es die beiden Parteien etwa mit den Sozialdemokraten tun. In Anlehnung an den Schüssel-Ditz-Kurs, mit dem die ÖVP unter ihrem damaligen Bundesobmann Wolfgang Schüssel und „ihrem“ Wirtschaftsminister Johannes Ditz in den Nationalratswahlkampf 1995 gezogen ist, könnte man sogar von einem Kurz-Strache-Kurs sprechen: Auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache peilen ihren Wahlprogrammen zufolge einen schlanken Staat an, der nur mit erheblichen Sparmaßnahmen zu erreichen ist. So soll es wiederum zu einer spürbaren Steuer- und Abgabenentlastung kommen können.
Die Neue Volkspartei möchte die „Staatsausgaben im Durchschnitt auf die Inflation reduzieren“. Und die Freiheitlichen wollen „die Ausgaben für Arbeit, Soziales, Familie,und Gesundheit mit maximal 55 Prozent der Gesamtausgaben begrenzen“. Beides ist extrem ambitioniert, wie ein Blick in die Zahlen verdeutlicht, die die Statistik Austria dazu führt. Doch eines nach dem anderen.
Zunächst einmal zu den Staatsausgaben des vergangenen Jahres. Summa summarum handelte es sich um 178,5 Milliarden Euro. Wobei mehr als die Hälfte auf die beiden größten Posten entfiel: 76,3 Milliarden Euro für „Soziales“ und 28,1 Milliarden Euro für „Gesundheit“. Das sind bereits 58 Prozent der Gesamtausgaben. Sprich: Schon allein damit sind die 55 Prozent, die die FPÖ als Obergrenze anpeilt, überschritten.
Der drittgrößte Posten ist einer, der für Einsparungen immer wieder genannt wird und wo in jedem Fall immer auch noch mehr geht: „Verwaltung“ mit 23 Milliarden Euro. Das entspricht einem Achtel der Gesamtausgaben. Man darf dabei aber nicht übersehen, dass in dieser Summe auch „Staatsschuldentransaktionen“ in Höhe von über acht Milliarden Euro enthalten sind.
Doch wenden wir uns der Entwicklung der Staatsausgaben und der Frage zu, was eine Begrenzung mit der Inflationsrate bedeuten würde. Statistik Austria führt dazu Zahlen seit 2013. Die Ausgaben sind von 2013 bis 2016 um ganze acht Prozent auf die bereits erwähnten 178,5 Milliarden Euro gestiegen. Und damit doppelt so stark wie der Verbraucherpreisindex; demnach hätten es nur plus 3,7 Prozent sein dürfen.
Wo gab es die stärksten Zuwächse? Die Ernüchterung: Ausgerechnet bei den beiden größten Posten, die ohnehin schon am stärksten ins Gewicht fallen. Die Sozialausgaben sind mit 7,3 Milliarden Euro dreimal stärker gestiegen als es der Teuerung hätte entsprechen dürfen (plus 2,6 Milliarden Euro); und die Gesundheitsausgaben genauso (knapp drei statt 0,9 Milliarden Euro). Die Verwaltungsausgeben sind dagegen bereits um 352 Millionen Euro gesunken.
Das zeigt, dass ohne einschneidende Reformen im Sozialbereich eine Ausgabenbegrenzung mit der Inflationsrate unrealistisch ist. Und da wird man auch um die Pensionen nicht umhinkommen: Sie machen mit zuletzt 45,8 Milliarden Euro (ohne Hinterbliebenenrenten) den größten Teil davon aus; und allein das entsprach schon einer Steigerung von zehn Prozent gegenüber 2013.
Bemerkenswerter-, aber auch nachvollziehbarerweise halten sich die Wahlprogramme mit konkreten Maßnahmen freilich zurück; zu heftige Debatten könnte das möglicherweise auslösen: Die Pläne beschränken sich im Wesentlichen auf die Streichung von Privilegien und eine weitere Heranführung des faktischen an das gesetzliche Pensionsalter. Ansonsten sollen bestehende Pensionen genauso unverändert bleiben, wie die Beitragssätze nicht erhöht werden sollen.
Die konkretesten Einsparungen vorgesehen sind insbesondere bei der Mindestsicherung. Aufgrund der Dynamik in diesem Bereich ist das verständlich. Einerseits. Andererseits wird der Staatshaushalt damit bei weitem nicht saniert werden können; die Mindestsicherung kostet heuer voraussichtlich „nur“ etwas mehr als eine Milliarde Euro.
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