ANALYSE. Beinschab-Studien lassen tief blicken: Politik wollte nicht verbessern, sondern gefallen. Sie hat nichts angestrebt, was aus einer inneren Überzeugung heraus gekommen wäre, sondern geliefert, was populär ist.
Nachdem die sogenannten „Beinschab-Studien“ vom parlamentarischen ÖVP-U-Ausschuss angefordert worden waren, konnte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) kaum noch anders, als sie zu veröffentlichen. Entsprechende Medienanfragen waren bisher abgewiesen worden. Jetzt hat Brunner getan, was in Kürze ohnehin passiert wäre. Er hat sozusagen vorsorglich reagiert. In der „Krone“ gibt‘s dafür die Würdigung, dass er für volle Transparenz sorgen wolle. ORF.AT berichtet nüchterner, dass das im Zuge der Aktenlieferungen an den U-Ausschuss geschehe.
Im Übrigen kann man sich wundern, welche Studien auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (155.960 Euro) unter dem Titel „Wirtschafts- und Budgetpolitik“ erstellt worden sind in den Jahren 2016 bis 2019. Es ging bisweilen um Fragen, die nicht nur nichts mit dem Titel zu tun hatten, sondern allein im Interesse der Österreichischen Volkspartei waren.
Es lohnt sich jedoch, ein Licht auf Inhalte zu werfen. Sie lassen tief blicken: Politik strebt demnach keine inhaltlichen Verbesserungen an, die bestimmten Überzeugungen entsprechen (Leistung, Eigenverantwortung, Solidarität etc.). Sie richtet sich vielmehr danach aus, was Bürgerinnen und Bürger gerne hätten. Im Grunde genommen erübrigt sie sich damit, könnte auf Basis ausgeklügelter Algorithmen genauso gut auch automatisiert werden. Es ist eine Selbstaufgabe.
Über einige Erhebungen kann man schmunzeln. Und sie werden den wenigen, die sie haben wollten und auch einsehen durften, auch Aufschlussreiches mitgeteilt haben. Welche Tiere mit Politikern assoziiert werden beispielsweise: Bei Sebastian Kurz war es nicht nur ein Eichhörnchen, weil er angeblich „süß“ aussehe, sondern auch ein Pfau, weil er „hinterfozig“ (sic!) sei, „alles übernehmen“ und „über Leichen“ gehen wolle.
Interessant ist auch die „Familienaufstellung“ der Parteien: Die ÖVP ist demnach „Valter, teilweise auch Großvater“, aus traditioneller Sicht jedenfalls aber das Oberhaupt. Die SPÖ gilt als Mutter, teilweise auch Großmutter, die Grünen werden als Tochter gesehen, die teilweise auch schon erwachsen sei, die Freiheitlichen als Sohn, der gerade aus der Pubertät komme und die Neos als nicht wirklich zugehörig („zB der Hausfreund, eine Nichte, ein Vater, der auf Dienstreise ist“). Allein: „Wirtschafs- und Budgetpolitik“, geschweige denn etwas, was das Finanzministerium intereisseren sollte, ist all das nicht.
Aufschlussreich sind Erhebungen zu Aussagen, die bunt zusammengewürfelt sind, gewissermaßen von Kraut und Rüben handeln und keine politische Richtung erkennen lassen. Konkreter: Hier ist es ganz offensichtlich nicht darum gegangen, umfassend zu erkunden, wie die Bevölkerung zu einer beabsichtigten Erneuerung Österreichs steht, sondern darum, dies und jenes – und darunter auch Phrasen wie „Wir müssen weg von Ankündigungen, hin zu Resultaten kommen“ oder „Wir haben ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem“ – abzuklopfen, um sie dann im Falle des Falles zu verwenden.
Was daraus folgte, verwundert im Rückblick noch weniger: Populistische Symbolpolitik, die inhaltlich so dünn war, dass sie sich „Message Control“ bedienen musste, um die gewünschte Wirkung erzielen zu können.
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