ANALYSE. Die Zeitung setzt auf Themen, die besonders FPÖ und ÖVP wichtig sind. Eine Win-Win-Geschichte.
„Das Leben muss wieder leistbar werden! Winnetou bleibt Winnetou – Schluss mit der Sprachzensur! Wer unsere Regeln nicht befolgt, wird abgeschoben!“ Es sind nur drei von mehreren Forderungen, die die „Kronen Zeitung“ als selbsternannte „Stimme Österreichs“ Menschen im Land erheben lässt und gerne verstärkt. Als wäre sie darum gebeten worden.
Bemerkenswerter: Im Grunde genommen ist es vollkommen absurd, so zu tun, als müssten solche Forderungen erhoben werden. Für ein leistbares Leben sind alle Parteien, die gerade im Wahlkampf stehen. Einzig die Zugänge unterscheiden sich. Das mit der Sprachzensur und den Abschiebungen könnte einem blau-türkisen Regierungsprogramm entnommen sein. Es handelt sich jedenfalls um zentrale Botschaften von FPÖ und ÖVP – und die beiden Parteien verfügen zusammen traditionell eher über eine Mehrheit.
In der redaktionellen Berichterstattung wird ihnen denn auch der Ball zugespielt: Wer ist in puncto Abschiebungen glaubwürdiger? Ergebnis: Hebert Kickl (FPÖ) hat in seiner Amtszeit als Innenminister pro Tag genau gleich viele Abschiebungen durchführen lassen wie Gerhard Karner (ÖVP) bisher. Ca. 33. Genauer: Unter ihrer Ressortführung ist es zu so vielen gekommen bzw. kommt es zu so vielen, wobei es möglicherweise exakt gar nichts mit ihnen zu tun hat. Aber das ist jetzt Kampagnenverderberei.
Originell auch: Die „Krone“ greift türkise und blaue Forderungen auf, stellt sie als ihre bzw. jene des Volkes dar und lässt dann etwa ÖVP-Chef, Kanzler Karl Nehammer sagen: „Wir müssen viel mehr abschieben.“ Eine Win-Win-Geschichte.
Österreichs mächtigste Boulevardzeitung macht Politik vier Wochen vor der Nationalratswahl. Da kann sich Elon Musk noch was abschauen (Achtung, Ironie!)
Gruselig, irgendwie. pic.twitter.com/sYFo8EVY7y— Barbara Tóth (@barbaratoth) August 27, 2024
Die Zeitung ist bekannt dafür, zu spüren, woher der Wind weht. Es läuft darauf hinaus, dass sie Teil türkiser und blauer Politik wird. Es läuft darauf hinaus, dass sie bereits signalisiert, was nach der Wahl zu passieren habe. Selbst wenn sich eine solche ausgehen würde: Eine rot-pink-grüne Ampelkoalition wäre nicht kompatibel damit. Auch Türkis-Rot bzw. Rot-Türkis wäre schwierig. Da müsste bei der SPÖ schon Andreas Babler durch Hans Peter Doskozil ersetzt werden. Es ist klar, dass eine blau-türkise Koalition am Ehesten entsprechen würde.
Es ist zutiefst Österreichisch was hier geschieht. Die „Krone“ macht Politik. Dass sie dabei keine Hemmungen kennt, hat sie schon oft gezeigt. 2008 hat sie SPÖ-Mann Werner Faymann unterstützt und geschrieben, dass Tiere ihn wählen würden. Ja, Tiere. Auf dass Frauchen und Herrchen wissen, was sie zu tun haben.
Das war vielleicht noch lustig. Jetzt geht es um eine Orbanisierung des Landes. Das Ganze steht in Verbindung mit gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnissen und zum Beispiel willkürlichen Inseratenvergaben. Für die Krone-Gruppe werden in der Medientransparenzdatenbank allein seit 2014 öffentliche Inserate in Höhe von 214,9 Millionen Euro ausgewiesen, davon kamen 43,5 von der Bundesregierung. Das entspricht durchschnittlich 21,5 bzw. 4,4 Millionen Euro jährlich – im Falle der Regierung Steuergeld.