Kickl wirkt

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ANALYSE. Nur ein Bruchteil der Österreicher, die sich selbst rechts der Mitte sehen, schreibt Journalismus eine positive Rolle zu – und erachtet ihn als zuverlässig.

Die größte Krise sei die Vertrauenskrise, behauptet Herbert Kickl (FPÖ) auf seiner herbstlichen Tour durch Österreich. Er weiß, wovon er spricht. Dem APA/OGM-Vertrauensindex ist regelmäßig zu entnehmen, dass keinem Politiker so viele Menschen misstrauen wie ihm. Aber das meint er natürlich nicht. Er sagt seinen Anhängern vielmehr, dass kein (!) Mensch in diesem Land „den Systemparteien“ noch irgendetwas glaube – „und den Systemmedien erst recht nicht“.

Das wirkt. Bei einer Eurobarometer-Erhebung sind jüngst 1000 Österreicherinnen und Österreicher zu ihrer persönlichen Ansicht zu Journalismus und professionellen Medien befragt worden. Jene, die sich selbst politisch rechts der Mitte verorten, was ziemlich genau ein Viertel tut, bestätigen Kickls Darstellungen im Großen und Ganzen.

Gerade einmal 26 Prozent sind der Meinung, dass Nachrichten, die von Journalisten erstellt werden, eine „positive Rolle für Demokratie und Gesellschaft“ spielen. Viel mehr – nämlich 37 Prozent – sehen ein gewöhnliches Konsumgut oder – 31 Prozent – keine zuverlässige Informationsquelle. Zum Vergleich: Bei „Linken“ (ebenfalls gut ein Viertel der Gesellschaft) tun das nur zehn Prozent, orten immerhin 67 Prozent eine „positive Rolle für Demokratie und Gesellschaft“ – also zweieinhalb Mal mehr.

Zur Frage, wer sich rechts verortet und Medien nicht (mehr) traut, sind auf Basis der Erhebungsergebnisse lediglich Annäherungen möglich. Relativ viele von ihnen leben demnach in ländlichen Regionen Österreichs. Dort ist Journalismus für besonders viele Menschen nicht zuverlässig und hat für relativ wenige eine positive Rolle.

Außerdem ist das eher bei Menschen der Fall, die sich selbst sozial der untersten Schicht zuordnen, die bei Eurobarometer-Erhebungen als „Arbeiterklasse“ bezeichnet wird. In dieser gibt es ebenfalls eine erhebliche Übereinstimmung mit Kickl.

Der FPÖ-Chef und seine Leute lassen auch keine Gelegenheit aus, für eine Unterstützung von „Alternativmedien“ zu werben. Sie würden von der Regierung bekämpft werden, während andere, nach blauer Diktion als „regierungskonform“ bezeichnete Medien mit Geld überschüttet werden würden. Im Falle einer Kanzlerschaft hätte Kickl das gerne umgedreht, wie das Protokoll der letztlich gescheiterten Verhandlungen mit der ÖVP erahnen lässt.

Im Verfassungsschutzbericht 2024 werden „Alternativmedien“ extrem rechten Szenen zugeordnet: „Sie delegitimieren die etablierten Medienhäuser als „Systemmedien“ und „Lügenpresse“, während sie gleichzeitig stark ideologisch aufgeladene Inhalte kostenlos über Plattformen wie Facebook, YouTube, X, Telegram oder eigene Webseiten verbreiten. Letzteres beinhaltet unter anderem die Verbreitung von Fake News, (pro-russischer) Desinformation und Verschwörungsideologien.“ Im Superwahljahr 2024 hätten sie sich „als verlängerter Arm des russischen Staates erwiesen“. Das mit Abstand reichweitenstärkste Alternativmedium in Österreich sei der FPÖ-nahe Sender „AUF1“.

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