Kalte Progression: ÖVP auf Wahlkampfmodus

KOMMENTAR. Die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung zu einem Zeitpunkt zu fordern, da ein Entlastungspaket ohne diese Maßnahme noch nicht einmal beschlossen ist, ist durchschaubar.

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KOMMENTAR. Die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung zu einem Zeitpunkt zu fordern, da ein Entlastungspaket ohne diese Maßnahme noch nicht einmal beschlossen ist, ist durchschaubar.

Zumindest die Wiener Gemeinderatswahlen Anfang Oktober dürften ÖVP-Chef, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner dazu motiviert haben, gemeinsam mit seinem Parteifreund, Finanzminister Hans Jörg Schelling, auf Wahlkampfmodus umzustellen. Oder sind es gar Neuwahlgelüste auf Bundesebene? Wie auch immer: Die Forderung, die kalte Progression abzuschaffen, ist gut, aber durchschaubar.

Schelling spricht von einer „schleichenden Steuererhöhung“: Lohnerhöhungen können selbst dann zu einer größeren Abgabenbelastung führen, wenn sie nicht einmal die Teuerungsrade abdecken. Das soll sich ändern. Und zwar durch eine automatische Anpassung der Tarifstufen, also der Abschaffung der kalten Progression. Ab 2017 sollte das gelten, so Schelling.

Das ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Die jüngste Steuerreform, die eine Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler vorsieht, ist noch nicht einmal beschlossen. Erst am Donnerstag ist mit der Behandlung des Gesetzespaketes im Bundesrat das parlamentarische Procedere erledigt. Diese Entlastung wird im Laufe der kommenden Jahre zu einem guten Teil durch die kalte Progression refinanziert. Anderes ausgedrückt: Schelling profitiert zunächst davon.

Zweitens: Laut ursprünglichen ÖVP-Plänen hätte die kalte Progression eigentlich schon im kommenden Jahr abgeschafft werden sollen. Sie sei „ungerecht“, sagte der damalige Parteichef, Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP), im August 2013, also wenige Wochen vor einer Nationalratswahl, in einem Interview mit Vorarlberger Nachrichten. Eine Abschaffung werde möglich, „wenn wir wieder mehr Einnahmen als Ausgaben haben“, so Spindelegger: „Das wäre nach dem jetzigen Programm 2016.”

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