ANALYSE. Alle Parteien suchen ihr Glück rechts oder irgendwo in der Mitte. Darunter leidet der Wettbewerb.
Bei den Freiheitlichen weiß man wenigstens, woran man ist: Sie reden nur selten um den heißen Brei herum, sondern sagen meist klar und deutlich, wie sie sich das zum Beispiel mit Zuwanderung und Integration vorstellen. Das macht es nicht nur ihren Wählern leichter, sondern auch ihren Gegnern. Bei den einstigen Großparteien SPÖ und ÖVP ist das ein bisschen anders. Sie geben vor, sich in der Mitte breit zu machen, stehen ein bisschen aber auch links und rechts. Beiden ist zum Beispiel ein sehr starker Staat wichtig; den einen, wenn es um Soziales geht, den anderen, wenn es um besonderes um die Sicherung des ländlichen Raumes im Allgemeinen und die Landwirtschaft im Besondern geht (ganz zu schweigen vom Kammerwesen). Bei den Flüchtlingen haben sie sich wiederum eher auf die Seite der Freiheitlichen geschlagen.
Was bei alledem auffällt, ist, das von keiner Partei die linke Seite wirklich ernsthaft besetzt wird: Keine tritt heute beispielsweise noch mit voller Kraft für eine Erbschafts- oder Millionärssteuer ein; oder eine Gemeinsame Schule; oder sonst etwas, was damit vergleichbar ist. Auch die Grünen tun das im besten Fall nur nebenbei.
Genauso wenig, wie die Christian-Kern-SPÖ heute noch eine Reichensteuer fordert, wagen sie es zum Beispiel, sich unmissverständlich für eine höhere Spritbesteuerung auszusprechen.
Bei ihnen ist das erklärbar, aber dennoch ein bisschen merkwürdig: Seit ziemlich genau 15 Jahren, als sie bei entsprechenden Verhandlungen mit dem damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) Lust aufs Mitregieren bekommen haben, neigen sie dazu, sich permanent für alle möglichen Koalitionsvarianten anzubieten. Also haben sie alle Ecken und Kanten mehr oder weniger abgeschliffen. Das Ergebnis: Genauso wenig, wie die Christian-Kern-SPÖ heute noch eine Reichensteuer fordert, wagen sie es zum Beispiel, sich unmissverständlich für eine höhere Spritbesteuerung auszusprechen.
Das ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Die Grünen verschwinden damit ebenfalls irgendwo in der Mitte, wo sich schon die meisten anderen Parteien befinden. Und: Damit geben sie die Linke auf, die bei Wahlen zwar für keine Mehrheit, aber doch für 15, 20 Prozent gut sein dürfte; mehr jedenfalls, als die Grünen derzeit auf Bundesebene halten.
All das kann nicht einmal den Freiheitlichen recht sein.
Eine ernsthafte Linkspartei würde jedoch der gesamten Politik guttun: Sie würde zumindest den Parteienwettbewerb beleben, der gerade in Österreich mehr oder weniger eingeschlafen ist – und der glauben lässt, es sei alternativlos, die Grenzen dicht zu machen, die Mindestsicherung zu kürzen, Diesel weiter zu fördern und so weiter und so fort.
All das kann nicht einmal den Freiheitlichen recht sein, um zu denen zurückehren, die Umfragen zufolge seit geraumer Zeit den stärksten Zuspruch erfahren: Ganz im Gegenteil, wenn ihre Forderungen zunehmend zum Konsens einer parlamentarischen Mehrheit werden, werden sie zwar umgesetzt, ihr Alleinstellungsmerkmal verlieren Heinz-Christian Strache und Co. aber – womit es schwer für sie wird, auch eine Nationalratswahl zu gewinnen.
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