ANALYSE. Warum sich Österreich immer weiter von Pensionsreformen entfernt: Bei ab 60-Jährigen sind ÖVP und SPÖ besonders erfolgreich. Und das wirkt sich auf ihre Politik aus.
ÖVP, SPÖ, aber auch FPÖ sind sich zumindest bei einem Thema ziemlich einig: Pensionen. So vereinbarten sie für das kommende Jahr bereits eine überdurchschnittliche Anpassung, können und wollen sich gleichzeitig aber nicht zu nötigen Sicherungsmaßnahmen durchringen. Wobei eines klargestellt werden muss: Dass kleine Leute mehr bzw. genug bekommen sollen, wird kaum jemand bestreiten. Damit das aber auch längerfristig finanzierbar ist, braucht es Reformen. Entweder wird das Pensionsalter angehoben oder die Beiträge werden, wie auch immer, erhöht oder, oder, oder … Möglichkeiten würde es viele geben.
Stellt sich die Frage: Warum werden besonders Ältere von den drei Parteien so umworben? Für ÖVP und SPÖ liegt die Antwort ganz klar auf der Hand: Das sind ihre letzten Stammwähler. Und mit Sebastian Kurz (ÖVP) spricht ausgerechnet der jüngste Spitzenkandidat auch ab 60-Jährige darüber hinaus an. Bei der EU-Wahl kam seine Partei in dieser Altersgruppe mit 48 Prozent beinahe auf eine absolute Mehrheit, so das Ergebnis, der damaligen SORA-Wahltagsbefragung. Das zeigt das Potenzial für die kommende Nationalratswahl auf. 2017 hatte die ÖVP hier zwar auch zulegen können, mit 36 Prozent aber nicht annähernd so viel erreicht wie heuer bei der EU-Wahl. Andererseits: Dafür, die einst auch größere „Seniorenpartei“ SPÖ zu überholen, reichten auch 36 Prozent; die SPÖ musste sich laut SORA mit 34 Prozent begnügen.
Zusammen erreichten ÖVP und SPÖ bei Älteren vor zwei Jahren immerhin 70 Prozent. Und das konnte nicht ohne Folgen bleiben für sie: Diesen Leuten sind sie verpflichtet. Sie sind echte Stimmenbringer und werden dafür auch mit der eingangs erwähnten Politik bedacht.
Die FPÖ schaffte 2017 bei den ab 60-Jährigen 19 Prozent. Das war ein unterdurchschnittlicher Wert. Insgesamt holte sie ja 26 Prozent. Aber: Die demographische Entwicklung lässt die Älteren zahlreicher werden, jeder Prozentpunkt bei Ihnen ist so gesehen also überaus wertvoll.
Ziemlich aussichtslos wirkt die Sache für Neos und Grüne. Sie holten bei ab 60-Jährigen zuletzt nur drei bzw. zwei Prozent. Bei Jüngeren waren sie um ein Vielfaches erfolgreicher, und kamen insgesamt beide auf einen gut doppelt so großen Stimmenanteil.