ANALYSE. Ein PR-Berater will Babler als SPÖ-Vorsitzenden ablösen. In der Partei kann das im Moment niemandem gefallen. Außer jenen, die riskieren wollen, dass sie auf immer von der Macht fernbleibt auf Bundesebne.
Der Zustand der SPÖ ist schwer zu beschreiben. Er spricht für sich: Rudolf Fußi, PR-Berater und einfaches, aber umtriebiges Parteimitglied, getrieben von Emotion und Leidenschaft, will Andreas Babler als Bundesparteivorsitzenden ablösen. Das hat er im Ö1-Mittagsjournal de facto bestätigt: „Er sei in Vorfreude“, meinte er dort zu Berichten, er werde sich um eine Kandidatur bemühen. Details sollen folgen. Damit es zu einer entsprechenden Wahl kommen kann, muss er innerhalb eines Quartals mindestens zehn Prozent der Parteimitglieder aus mindestens vier Bundesländern dafür gewinnen. So sollen Spaßkandidaturen verhindert werden.
Erfolgsaussichten? Stand 8. Oktober: Null. Vielleicht, falls eine blau-türkise Koalition kommt und die Landtagswahl im Burgenland zu Beginn des kommenden Jahres geschlagen ist; erst dann ist es im Sinne aller Genossinnen und Genossen sowie letztlich auch des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Peter Doskozil, sich einer Neuaufstellung der Sozialdemokratie zu widmen – mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen freilich.
Am Tag, an dem Fußi seine Absichten auf Ö1 de facto bestätigte, war SPÖ-Chef Andreas Babler bei Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Gast. Es ging darum, endlich einmal ins Gespräch zu kommen. Grundlagen dafür zu schaffen, dass eine Regierungszusammenarbeit vielleicht möglich wird.
Wäre da nicht Fußi, sondern Doskozil oder ein Mann wie Christian Kern angetreten mit der Ansage, die SPÖ übernehmen zu wollen, oder Fußi mit offener Unterstützung von solchen Kalibern, Nehammer hätte zu Babler gleich sagen können: „So wird das nichts mit einer Koalition, auf Wiedersehen.“
Aber Fußi allein? Ein Scherz. Ein schlechter zwar aus Sicht der Sozialdemokratie, weil er ein gewisses Licht auf sie wirft, aber ein Scherz.
Im Hinblick auf die Regierungsbildung gibt es in der SPÖ zwei Interessen. Das erste wird von fast allen Landesparteivorsitzenden und den Gewerkschaftern sehr offensiv verfolgt. Es handelt sich um eine Rückkehr in die Regierung bzw. eine Zusammenarbeit mit der ÖVP sowie Neos oder Grünen. Fußi ist da störend. Er ist keine große Nummer in der Partei, was er macht, sorgt jedoch für große Schlagzeilen, also auch ebensolche Unruhe.
Störend ist sein Verhalten daher auch im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Vorarlberg, der Steiermark und dem Burgenland: Schon bei der Nationalratswahl gab es Leute, die der SPÖ nicht ihre Stimme gaben, weil sie selbst unmittelbar davor keinen geschlossenen Eindruck machte. Mag man auch in der Steiermark, wo es um den LH-Stellvertreter geht, mit einer Bundespartei konfrontiert sein, in der es drunter und drüber geht? Oder im Burgenland, wo Doskozil schauen muss, dass er Verluste in Grenzen hält aufgrund der Kandidatur von Norbert Hofer für die FPÖ?
Oder will Doskozil wählen, wenn im Bund gerade eine blau-türkise Regierung antritt? Wäre er ein Linker, der Aussicht auf eine linke Mehrheit hat, könnte ihm das sogar recht sein; aufgrund von Protesten würde es zu einer Mobilisierung in seinem Sinne kommen. Besonders in ländlichen Regionen wie dem Burgenland ist jedoch davon auszugehen, dass es zunächst einmal besonders viel Zuspruch für eine solche Regierung eben würde. Bei der Nationalratswahl holten FPÖ und ÖVP zusammen immerhin fast 60 Prozent im Land.
Vor wenigen Tagen wurde der Wiener Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in „Wien heute“, einer ORF-Sendung, interviewt. Dabei hat er seinem Ruf, ein Pragmatiker der Macht zu sein, alle Ehre gemacht. Babler entspricht ja nicht unbedingt den Idealvorstellungen des 75-Jährigen. Das ist eher der Typ „Beseelter mit den leuchtenden Augen“, dem er distanziert gegenübersteht. In dieser Sendung nach der Wahlniederlage hat Häupl aber nur gut über Babler gesprochen, betont, er sei der richtige Kandidat gewesen und habe auch einen guten Wahlkampf geliefert. Im Übrigen stellte sich Häupl gegen Kritiker in den eigenen Reihen.
Das war ein Signal: Im Moment kann die SPÖ nur mit Babler schauen, wie sie mit der ÖVP sowie Neos oder Grünen auf einen Nenner kommen könnte. Alles andere ist Selbstzerstörung: Wer mitten im Klärungsprozess die Vorsitzfrage aufwirft, setzt sich den Vorwurf aus, zu riskieren, dass die Partei auf immer von der Macht fernbleibt auf Bundesebene. Insofern kann Babler nur froh sein über Gegner wie Fußi. Nicht nur, dass er selbst gerade ungefährdet wie nie ist: Sie begeben sich noch dazu selbst ins Out.