Für Kickl wird es ungemütlich

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ANALYSE. Für den FPÖ-Chef wird es schwieriger, seine Partei auf Platz eins zu halten und vor allem, zusammen mit der ÖVP eine Mehrheit zu erreichen.

Der blaue Finanzskandal in der Steiermark? Im Hinblick auf die Nationalratswahl nicht weiter schlimm für die FPÖ von Herbert Kickl. Dass immer mehr Licht auf den Umgang seiner Partei mit Russland fällt? Kritisch. Dass sich die Bierpartei von Dominik Wlazny mit nichts halten kann und die Kommunisten in der Stadt Salzburg triumphieren? Hochgefährlich. In beiden Fällen geht es nämlich um das, was den freiheitlichen Höhenflug auf Bundesebene mit ausgemacht hat.

Bald nach Beginn des russischen Angriffskrieges hat Kickl sehr wirkungsvolle Erzählungen gewählt. Bei der einen ging es um die „Festung Österreich“. Diese sollte man nicht nur zur Abwehr von Geflüchteten verstehen, sondern auch als dies: Sich hinter dicke Mauern zurückziehen, um sich hier eine heile Welt einzureden, die geschützt und weit weg von einem Krieg ist.

Kickl war und ist es abgesehen davon immer auch wichtig, den Eindruck zu vermitteln, die Teuerung existiere ausschließlich aufgrund der Sanktionen gegen Russland. Also müssten sie weg. Was seiner Darstellung nach auch der Neutralität entsprechen würde.

Kickl gibt sich gerne als Verteidiger der Neutralität. Bisher war es eher eine Insiderdebatte, dass er sie im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg nur im Sinne Putins auslegen würde. Das ändert sich jedoch. Berichte zum Thema häufen sich. Damit wird an Kickls Glaubwürdigkeit gekratzt: Wenn jegliche, also auch nicht-militärische Unterstützung der Ukraine eine Verletzung der Neutralität darstellt, was tun dann langjährige intensive Beziehungen zu Putin und seinem Umfeld, mit denen man nicht klar brechen will?

Schwerwiegender für Kickls Erfolgsaussichten bei der Nationalratswahl bleibt vorerst freilich, dass sich die Bierpartei von Dominik Wlazny ohne Inhalt bei sechs, sieben Prozent halten kann und dass jetzt auch noch Kay-Michael Dankl bzw. die Kommunisten in Salzburg Stadt groß abgeräumt haben. Das ist mehrfach gefährlich für den FPÖ-Chef.

Erstens: Typen wie Wlazny und Dankl sprechen vor allem, aber nicht nur Mitte-Links-Wähler an. Bei Wahlen, bei denen sie bisher angetreten sind und das erhoben worden ist, haben sie auch potenzielle FPÖ-Wähler überzeugt. In Summe könnte einer wie sie Kickl gut und gerne zwei, drei Prozentpunkte kosten.

Zweitens: Hier ist bewusst von Typen die Rede. Durch Wlazny und Dankl wird deutlich, was geht. Man kann zum Beispiel auch dann unzufriedene Wähler gewinnen, wenn man nicht mit der „System-Abrissbirne“ auftritt. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis das auch auf Bundesebene offensiv betrieben wird von jemandem.

Drittens: Ein Blick auf den APA-Wahltrend zeigt, dass eine blau-türkise Mehrheit schon heute ungewiss ist; dass eine solche davon abhängt, wie viele Kleinparteien ins Parlament kommen. Eine blau-türkise Mehrheit ist für Kick jedoch entscheidend: Er kann nach der Wahl nur dann ernsthaft Anspruch aufs Kanzleramt anmelden, wenn eine Koalition unter seiner Führung möglich ist, die über eine Mehrheit verfügt.

Dafür infrage kommt im Grunde genommen nur Blau-Türkis. Auch wenn Karl Nehammer und Co. eine Zusammenarbeit mit Kickl ausschließen. Sollten sie große Wahlverlierer werden, wird es nicht einfach für sie, das aufrechtzuerhalten. Nicht alle in ihren Reihen haben ein unüberwindbares Problem mit Kickl.

Blau-Rot würde nicht nur Rechten missfallen, es würde die SPÖ zerreißen. Blau-Türkis mit einer weiteren Partei wie Neos oder Grünen erscheint unrealistisch. Bei diesen gibt es – anders als bei der ÖVP – nicht nur eine persönliche Ablehnung von Kickl, sondern auch eine inhaltliche.

Soll heißen: Wenn es nach der Wahl keine blau-türkise Mehrheit gibt, muss Kickl von vornherein von einem Geert Wilders-Schicksal ausgehen. Zumal er sich gegen alle gestellt hat, alle zu Volksverrätern erklärt hat. Dann könnte die FPÖ – wenn überhaupt – vielleicht nur dann Teil der Regierung werden, wenn Kickl auf eine Führungsrolle verzichtet.

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