ANALYSE. In mehreren Ländern läuft eine perfide Kürzungspolitik. Für Teile der türkis-rot-pinken Bundesregierung wird das zunehmend zu einem Problem.
Beispiel Salzburg: Die schwarz-blaue Landesregierung streicht einen Zuschuss für Kinderbetreuungsplätze. Die Gemeinden haben bereits wissen lassen, dass sie die Finanzlücke nicht schließen können. Sprich: Für die Eltern wird’s teurer. Das mag zwar Freiheitlichen recht sein, denen ohnehin lieber wäre, dass der Nachwuchs zu Hause bleibt, Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) kann es aber nicht gefallen, sofern er Teilzeit wirklich kritisch sieht: So bleiben eher noch mehr Mütter und vielleicht auch Väter von einer Vollzeitbeschäftigung entfernt.
Beispiel Niederösterreich: Die schwarz-blaue Landesregierung verschärft Sozialhilfebestimmungen. Es soll längere Kürzungen für Arbeitsunwillige und höhere Strafen bei falschen Angaben setzen. Nachsatz ÖVP-Geschäftsführer Matthias Zauner: Damit bleibe man Vorreiter im Kampf gegen Sozialmissbrauch, die übrigen Bundesländer mögen nachziehen. Sozialministerin Corinna Schumann (SPÖ) kann einpacken: Ihre Bemühungen, sozusagen von Wien aus eine Reform anzustoßen, sind so zum Scheitern verurteilt.
Wichtiger: Hier geht es auch um etwas, was die Sozialdemokratie schwer dulden kann. In Niederösterreich ist für Sozialhilfebezieher, die eine Geldstrafe bezahlen müssen, aber nicht können, eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen vorgesehen.
Das erinnert stark an das Beispiel Steiermark: Dort soll die Mindestgeldstrafe künftig 200 Euro betragen. Was laut Caritas darauf hinausläuft: „Mit Einkommen unter dem Existenzminimum Strafen bezahlen zu müssen, die zumindest € 200,- ausmachen, wird gelinde gesagt unmöglich sein. Demnach trifft eine Strafe diese Personengruppe unverhältnismäßig hart und wird die Konsequenz daraus sein, dass Menschen für Armut! eingesperrt werden (können).“
Außerdem sollen in der Steiermark auch jene eingesperrt werden (können), die ihre Arbeitskraft nicht im Sinne des Gesetzgebers einsetzen, wie es die Caritas formuliert, um zu warnen: Sofern Bertoffenen auch Leistungen gekürzt werden, würde das wohl Artikel 4 des 7. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen: „Dieses verbietet es, dass ein Mensch für ein und dieselbe Tat zweimal bestraft wird.“
Es ist eine perfide Kürzungspolitik, die hier läuft. Beziehungsweise: Hier werden Konsequenzen aus dem gezogen, was in Wahlkämpfe vermittelt wird; dass Mindestsicherungsbezieher ausschließlich herumhängen würden. Jetzt „müssen“ sie daher hart angegangen werden.
Zweitens: Es wird vorgegaukelt, dass sich so öffentliche Budgets sanieren lassen würden. Das mag Vorstellungen entsprechen, die durch Slogans wie „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“ genährt werden, ist in dieser Form jedoch Unsinn. Das Hauptproblem der Länder sind inflationsbedingt stark steigende Personalkosten. Daher werden auch mehr und mehr Spitalsstationen geschlossen. Das ist unpopulär. Lösung: Ablenkung durch Kürzungen bei den Schwächsten.
Ganz und gar nicht gefallen kann diese Entwicklung auch Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). In seinem Fall kommt dazu, dass in Salzburg die dortige Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP) zwar erwähnte Kürzungen vornehmen lässt, die die Gemeinden nicht ausgleichen können, diesen aber eine Erhöhung der Grundsteuer verwehrt. Und zwar mit der Begründung, dass das eine „SPÖ-Idee“ von Marterbauer sei, die auf eine Vermögenssteuer hinauslaufen würde. Sprich: Hier läuft mehr und mehr auch ein Verteilungskampf. Ja, es wirkt, als werde ein solcher von Leuten wie Edtstadler sogar gesucht.