ANALYSE. Restriktive Flüchtlingspolitik stößt in allen Parteien auf größere oder zumindest nennenswerte Unterstützung.
Die Aussagen des Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzenden Michael Ludwig sind bemerkenswert. Gegen Ende eines Interviews wurde er am Wochenende vom „Kurier“ gefragt, ob er eine Flüchtlingsbewegung wie 2015 befürchte. Antwort: „Das kann ich schon deshalb nicht glauben, weil Sebastian Kurz die Balkan- und Mittelmeerroute geschlossen hat, wie er immer betont. Da kann ja fast nichts mehr passieren (lacht).“ Nachfrage: „Wäre Wien vorbereitet?“ Ludwig: „Wien ist das einzige Bundesland ohne Außengrenze. Daher ist die Bundesregierung gefordert, entsprechende Maßnahmen zu setzen.“
In diesen Ausführungen steckt extrem viel Ernst. Kurz bzw. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) könnten sie als sozialdemokratischen Freibrief interpretieren, „niemanden durchzuwinken“ und Geflüchtete an der Grenze aufzuhalten (wie es Nehammer ohnehin schon angekündigt hat). Ja, zumindest Ludwig könnte so verstanden werden, dass er sich blind darauf verlässt und im Grunde genommen sogar froh ist darüber.
Das führt zu einem entscheidenden Punkt, der die große Schwäche der Kurz-Mitbewerber zum Ausdruck bringt: Wenn es ernst wird, können sie nicht viel dagegenhalten. Das zeugt von einem gewissen Unvermögen, Alternativen zu definieren und überzeugend zu kommunizieren.
Woher kommt das? These: Weil ziemlich viele Wähler aller Parteien eine restriktive Flüchtlingspolitik unterstützen. Die Ergebnisse einer „Gfk Austria“-Wahltagsbefragung zur Nationalratswahl 2017, die die Politikwissenschaftler Fritz Plasser und Franz Sommer im Buch „Wahlen im Schatten der Flüchtlingskrise“ veröffentlicht haben, sprechen dafür.
„Sehen keine Möglichkeit mehr, weitere Flüchtlinge aufzunehmen“ lautete eine Feststellung bei der damaligen Erhebung. Nicht nur eine deutliche Mehrheit der ÖVP- und FPÖ-Wähler taten dies, sondern auch 61 Prozent der SPÖ-Wähler. Bei den NEOS-Wählern handelte es sich um 49 und bei den Grünen um immerhin 32 Prozent. Letzteres ist insofern bemerkenswert, als die Grünen vor drei Jahren auf einen so harten Kern reduziert worden waren, dass sie aus dem Hohen Haus flogen; sprich, so tickten die treuesten ihrer treuen Wähler.
Ähnlich schauten die Verhältnisse in Bezug auf „schärfere Maßnahmen (aus), um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen“. Dafür sprachen sich neben 46 Prozent der SPÖ-,41 Prozent der Neos- und 31 Prozent der Grünen-Wähler aus.
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